Bei ihren Hauptversammlungen fordern Freie Wähler und CDU eine funktionierende Stadtspitze und kritisieren die Pläne zum Stadtumbau

Die Zeiten sind schlecht, nicht nur weltweit, sondern auch auf lokaler Ebene. Entsprechend gedämpft fallen die Beiträge der Freien Wähler und der CDU zur Leonberger Kommunalpolitik aus. Beide, sie stellen die zweit- und die drittgrößte Fraktion im Gemeinderat, hatten am Wochenende parallel ihre Hauptversammlungen. Nicht nur der Zeitpunkt, auch die Themen und die Bewertungen waren sehr ähnlich. Ein inhaltlicher Streifzug.

 

Stadtspitze

Die zerfahrene Situation an der Rathausspitze treibt alle um. „Wir brauchen eine stärkere Verwaltung als je zuvor“, analysiert Stephan Schwarz das offenkundige Zerwürfnis zwischen Oberbürgermeister Martin Georg Cohn (SPD) und seiner Stellvertreterin Josefa Schmid (FDP). „Die Mitarbeiter und wir Leonberger blicken auf einen großen Scherbenhaufen“, wettert der Stadtverbandsvorsitzende der Freien Wähler im Eltinger Hof. Dadurch sei Leonberg „auf eine traurige Art“ überregional bekannt geworden. „Das ist peinlich und beschämend.“

Ähnlich sieht es Oliver Zander. „Der dauerhaft schwelende Konflikt innerhalb des Führungstrios schadet den Mitarbeitern, den Ratsmitglieder und den Bürgern.“ Der Chef des CDU-Stadtverbandes versichert im Hotel Glemseck, dass es nicht um das Finden von Schuldigen gehe: „Sollte es nachweisbare Verfehlungen geben, obliegt es anderen Stellen, darüber zu urteilen.“

Schmid hatte ihren Chef angezeigt. Der OB habe ein Verfahren gegen ihn wegen Schnellfahrens zu beeinflussen versucht. Cohn bestreitet das. Der Fall liegt bei der Kommunalaufsicht und der Staatsanwaltschaft.

Stadtumbau

„Für 2023 sind sechs Millionen Euro für den Umbau der Eltinger Straße, der Römerstraße und der Brennerstraße eingeplant“, rechnet Axel Röckle die Ausgaben für des Oberbürgermeisters Lieblingsprojekt „Stadt für morgen“ vor. „Auch die Zuschüsse dafür sind Steuergeld.“ Der Fraktionschef der Freien Wähler sieht „keinen Handlungsbedarf, intakte Straßen aufzureißen. Das ist auch ökologisch nicht sinnvoll.“ Sehr viel dringender sei die Sanierung von Schulen.

Dass die Stadt in der vergangenen Woche konkrete Pläne für die Straßenumgestaltung im Zentrum vorgestellt hat, stößt bei der CDU auf Befremden. „Der Gemeinderat wußte davon nichts“, sagt die Fraktionsvorsitzende Elke Staubach. „So geht es eigentlich nicht.“

Auch dass „plötzlich von einer gemeinsamen Spur für Busse und Räder keine Rede mehr ist“, erstaunt die Union. Bevor konkrete Umbauten beschlossen werden, müsse der noch laufende Verkehrsversuch ausgewertet werden.

Alte Schuhfabrik

Dass in eben jene Plänen für ein neues Zentrum die alte Schuhfabrik als Kultur-und Begegnungsstätte fest vorgesehen ist, sorgt bei Freien Wählern und CDU für Irritationen. „Das Gebäude ist derart marode, dass es unverantwortlich wäre, weiteres Geld dort zu investieren“, sagt Röckle. „Wir können uns das Ding, so wie es dasteht, nicht leisten.“

„Der Begriff einer Kulturfabrik wird regelrecht herbeigeredet“, kommentiert Staubach eine Kulturaktion, die jüngst vor der Schuhfabrik stattgefunden hatte. „Wir sehen das bei weitem nicht so. Der OB wollte doch einen Investor finden.“ Davon sei keine Rede mehr.

Landkreis-Finanzen

Ausgesprochen düster bewerten die Kreisräte Werner Metz (Freie Wähler) und Helmut Noë (CDU) die Finanzlage des Landkreises Böblingen. Erstmals gebe es im Haushalt für das kommende Jahr ein 16-Millionen-Euro-Loch, sagt Metz.

Beide machen unabhängig voneinander vor allem die prekäre Lage an den Kliniken dafür maßgeblich verantwortlich. Das diesjährige Betriebsdefizit von 33 Millionen Euro werde weiter steigen, auch darüber sind sie sich einig. „In den öffentlich Nahverkehr wird Geld gepumpt, als gebe es kein Morgen mehr, und bei den Kliniken kämpfen wir um jeden Euro“, kommentiert Noë, der im Kreistag Vorsitzender seiner Fraktion ist.

Noch drastischer sieht es der Mediziner Werner Metz: „Die Krankenhäuser brennen.“ Dass es so nicht weitergehen kann, daran lassen beide keinen Zweifel.