In der Diskussion um die Zukunft des Künstlerhauses sollen Experten drei Varianten überprüfen.

Leonberg - Bleibt die alte Schuhfabrik weiterhin ein Domizil für Maler und andere Kreative? Wird sie zu einem Wohnhaus umgebaut? Oder muss das einstige Industriegebäude in der Innenstadt komplett weichen, um Platz für neue zentral gelegene Wohnungen zu schaffen?

 

Die Antworten auf diese Fragen werden noch eine Weile auf sich warten lassen. Denn zunächst sollen sich Fachleute genau mit diesen Themen beschäftigen und ermitteln, mit welchem finanziellen und materiellen Aufwand welche Lösung zu erreichen ist. Im Haushalt für das kommende Jahr, der am Dienstag verabschiedet werden soll, sind dafür 50 000 Euro eingeplant.

Das Gebäude neben der Steinturnhalle, in dem bis 1977 tatsächlich Schuhe hergestellt wurden, ist schon seit längerem ein politischer Zankapfel. Angesichts der großen Wohnungsproblematik hatten die Freien Wähler schon vor mehr als einem Jahr vorgeschlagen, das 120 Jahre alte Bauwerk abzureißen, um dort Sozialwohnungen zu errichten. Rückenwind gab es von der CDU, sei doch der Bau nicht gerade ansehnlich und mithin nicht erhaltenswert.

Ein Teil Industriegeschichte

Ein Neubau, so erklärte Wolfgang Schaal, der Chef der Freien Wähler, seinerzeit, sei immer noch günstiger als eine Sanierung der einstigen Werkshallen. Die dort ansässigen Künstler und die Jugendmalschule könnten vorübergehend in die leer stehenden Teile des Postgebäudes ziehen, bevor sie einen Neubau erhalten.

Doch gegen diese Pläne regte sich Widerstand. Dass die alte Schuhfabrik einfach nur hässlich sei, sahen längst nicht alle Bürger und Politiker so. Zumal das Gebäude einen Teil der Leonberger Industriegeschichte darstelle. Auch Oberbürgermeister Martin Kaufmann zeigte sich von der Abrissidee nicht begeistert und sprach sich frühzeitig dagegen aus. Die Debatte um geeignete Flächen für Wohnraum wurde vorerst ohne die Schuhfabrik weitergeführt.

Neue Ateliers im Alten Rathaus?

Erst als es vor knapp sechs Wochen um die Investitionen im neuen städtischen Haushalt ging, kam das Fabrikgebäude wieder ins Rennen. Hatte doch die CDU für die Künstler einen ganz anderen Ort im Auge. Die könnten ihre Ateliers im Alten Rathaus am Marktplatz einrichten, meinte die Fraktionsvorsitzende Elke Staubach. Ein viel passenderer Platz für die Künstler, gibt es in der Altstadt ohnehin schon viele Ateliers, argumentierte die Christdemokratin.

Und so ganz nebenbei könnte sich die CDU einen alten Wunsch damit erfüllen. Wenn das zur Zeit im Alten Rathaus untergebrachte Ordnungsamt mit dem Bürgerbüro in den Verwaltungsneubau am Belforter Platz umziehen würde, könnte endlich die Touristeninformation „I-Punkt“ in das historische Rathaus: „Besucher kommen in die Altstadt und nicht zum Belforter Platz.“ Deshalb seien auch die 150 000 Euro überflüssig, die die Stadt ursprünglich eingeplant hatte, um die Notwendigkeit einer Sanierung der Schuhfabrik zu prüfen.

Grüne kritisch

Die Grünen indes halten nichts davon, die Künstler aus der Schuhfabrik zu verdrängen. „Das ist ein wichtiger Treffpunkt für die Kunstszene“, meint der Stadtrat Sebastian Werbke. Günstiger Wohnraum sei in diesem zentralen Bereich ohnehin nicht möglich: „Das ist eine 1A-Lage.“

Wie es weitergeht, sollen die Untersuchungen ergeben: Was würde die Sanierung, womöglich mit einer Aufstockung des Gebäudes kosten? Oder ist eine Radikallösung, sprich Abriss, doch günstiger? Schon jetzt steht fest, dass die Heizung sehr störanfällig ist und den Betrieb behindern oder gar ganz lahmlegen kann.

Ein Gebäude für alle Ämter

Noch keine Entscheidung gibt es über die CDU-Idee, die Ateliers ins historische Rathaus zu verlegen. Ganz so einfach wäre dies nicht, müsste doch fürs Ordnungsamt und das stark frequentierte Bürgerbüro Platz im Rathaus-Neubau geschaffen werden. Andererseits: Eine Zentralisierung aller städtischen Ämter war ein wesentliches Ziel des Neubaus und wäre dann erreicht.

Doch auch am Marktplatz dürfte es nicht ohne Geld abgehen. Bleiben die Ämter im 538 Jahre alten Gebäude, muss es dringend saniert werden. Geschätzte Kosten: sechs bis acht Millionen Euro.