Drei Jahre wurde heftig diskutiert: Jetzt rollen am Rande der Leonberger Altstadt die Bagger für ein neues Wohnquartier mit Direktionsgebäude

Ein knappes Jahr schon klafft an am Rande der Altstadt, an der Ecke Grabenstraße/Stuttgarter Straße, ein großes Loch. Hier stand bis zum vergangenen Dezember die Direktion Leonberg der Kreissparkasse Böblingen. Und hier wird sie auch wieder stehen. Das frühere mehr als 60 Jahre alte Gebäude wird durch einen Neubau ersetzt.

 

Mehr noch: Das kommunale Kreditinstitut baut zudem ein kleines Quartier mit vier Häusern und insgesamt 71 Wohnungen unterschiedlicher Größe. Ein Viertel des Wohnraums wird sozial gefördert.

Lastwagen werden per Funk geholt

Seit kurzer Zeit herrscht in der Baugrube reges Leben. Mit Baggern und großen Bohrgeräten wird eine Grube ausgehoben. Um an der viel befahrenen Sonnenkreuzung den Verkehr so wenig wie möglich zu behindern, lässt die Kreissparkasse als Bauherrin den Aushub mittels eines Pendelsystems abtransportieren: Die Lastwagen stehen am Stadtrand auf dem Engelberg bereit und werden per Funk auf die Baustelle gerufen.

„Die Ausschreibung für den Rohbau läuft“, sagt Steffen Killian, der Geschäftsbereichsleiter Privatkunden der Kreissparkasse in Leonberg. „Noch in diesem Winter soll die Baugrube stabilisiert, das ganze Bauvorhaben bis 2025 vollendet sein.“ Wichtig ist dem Leonberger Direktionschef, auf die schützenswerten Bäume hinzuweisen: Diese sind umzäunt worden, damit sie während der Bauarbeiten sicher sind.

Die Bäume waren ein kleiner Teil einer großen Debatte um das Gesamtvorhaben, die sich rund drei Jahre hingezogen hat. Dass die Kreissparkasse mit dazu beitragen will, die Wohnungsnot in Leonberg zu mildern, wurde zwar von der Kommunalpolitik einhellig begrüßt. Doch längst nicht alle waren mit den Einzelheiten rundum zufrieden.

Die Kritiker im Gemeinderat befürchteten, dass die Grabenstraße ihrem Namen alle Ehre machen würde und mit den Neubauten eine Häuserschlucht entstünde. Sie sprachen sich gegen ein fünftes Geschoss aus.

Auch über Luftschadstoffe wurde diskutiert. In den vergangenen Jahren wurde der Grenzwert für Stickstoffdioxid im Jahresmittel stets überschritten. Deshalb wurde ein Luftgutachten eingefordert.

Rückzugs-Ankündigung schockt Kommunalpolitik

Dem damaligen Sparkassen-Vorstandschef Detlef Schmidt wurde es zu bunt: Er startete ins Jahr 2020, indem er einen Verzicht auf das komplette Projekt ankündigte. Eine Aussage, die nicht ohne Wirkung blieb. Hinter den Kulissen wurde heftig diskutiert. Die Fronten zogen sich seinerzeit quer durch die Fraktionen im Leonberger Rat.

Dass die Stadt aufgrund von Befindlichkeiten ein Projekt für mehr Wohnraum über die Klinge springen lasse, so wetterten die Baubefürworter, sei eine Bankrotterklärung. Ein Argument, das die Skeptiker angesichts der desolaten Lage auf dem Immobilienmarkt kaum entkräften konnten.

Kritik an der Gebäudehöhe

Dennoch kam die Einigung erst, nachdem es im Gemeinderat mehrfach richtig gekracht hatte. Im Februar 2020 hoben dann alle Fraktionen die Wichtigkeit des Projekts hervor, gerade mit Blick auf den Mietmarkt. So wird der Anteil von 25 Prozent für sozial geförderten Wohnraum nicht auf die Anzahl der Wohnungen, sondern auf die gesamte Wohnfläche bezogen.

Dies war nicht der einzige Streit. Als die Kreissparkasse im Herbst 2020 ihre detaillierten Pläne vorgestellt hatte, zogen einige Anwohner der oberhalb des Geländes gelegenen Unteren Burghalde gegen das Vorhaben zu Felde. Sie störten sich an der Dichte der Bebauung wie auch an der Höhe. Das obere Stockwerk eines der Gebäude, so ihre Forderung, solle wegfallen.

Kundenhalle übergangsweise am Marktplatz

Nach langem Hin und Her erklärte sich die Sparkasse bereit, das Obergeschoss des betreffenden Hauses um mehr als einen Meter zurückzuversetzen. Ende Mai dieses Jahres stimmte der Gemeinderat schließlich dem Gesamtvorhaben bei einigen Enthaltungen zu. Der Weg war endlich frei.

Die Sparkasse ist zwischenzeitlich mit ihren Kundenbereichen und Büros übergangsweise ein paar Meter weiter an den Marktplatz gezogen. Der Direktionschef Steffen Killian spricht von einer guten Kundenfrequenz im Herzen der Altstadt.

Wenn der Winter nicht zu streng wird, soll im März mit den Rohbauarbeiten begonnen werden. Dafür sind Kräne vorgesehen. Diese Arbeiten werden 2024 enden. Anschließend beginnt der Innenausbau.