Der Bundeskanzler hat – wie bei vorherigen Entscheidungen über Waffenlieferungen – mit sich gerungen. Jetzt wird Deutschland aller Voraussicht nach Kampfpanzer liefern. Es ist eine gute Entscheidung – aus mehreren Gründen, kommentiert Tobias Peter.

Korrespondenten: Tobias Peter (pet)

Es ist alles andere als eine Kleinigkeit. Es ist auch nicht einfach nur die Lieferung irgendeines neuen Waffentyps. Wenn Deutschland nun Kampfpanzer an die Ukraine liefert, wie „Spiegel“ und „Süddeutsche Zeitung“ es übereinstimmend berichten, dann hat das eine neue Qualität.

 

Die Entscheidung ist keine einfache, aber sie ist richtig. Die Ukraine braucht dringend weitere militärische Unterstützung – und sie hat mindestens ebenso dringend um die Lieferung des Leopard 2 gebeten. Er ist in vielen Ländern verfügbar, sodass er – wenn die Bundesregierung auch anderen die Genehmigung zur Lieferung erteilt – in hoher Zahl verfügbar sein könnte. Und: Der Leopard 2 ist nach Auffassung vieler Experten die ideale Ergänzung zu Schützenpanzern, die Kiew bereits zugesagt worden sind.

Wie kann der Krieg enden?

Die Lieferung der Kampfpanzer kann – bei allen damit verbundenen Risiken – ein Schritt sein, von dem man im Nachhinein erkennt, dass er Europa dem Frieden in der Ukraine nähergebracht hat. So fremd dieser Gedanke in diesem Moment für viele auch klingen mag. Denn nur mit mehr militärischer Stärke hat die Ukraine eine Chance, in eine Position zu kommen, aus der sich Verhandlungen über einen fairen Frieden führen lassen. Kriege werden meist nicht auf dem Schlachtfeld entschieden – aber eben auch nicht dadurch, dass man sich einfach mal um einen Tisch setzt. Der russische Präsident Wladimir Putin wird nicht ohne weiteren Druck von der Aggression abrücken.

Wenn viele Menschen ein ungutes Gefühl dabei haben, dass in der Ukraine mit deutschen Kampfpanzern gegen russische Soldaten gekämpft werden soll, ist das hochverständlich. Die Angst vor einer Eskalation, die den Krieg immer weitere Kreise ziehen lässt, ist keinesfalls irrational. Angst ist ein wichtiger Faktor, um Fehler zu vermeiden. Sie darf aber nicht zu einem Faktor werden, dem sich die Politik unter Aufgabe ihrer Gestaltungsmöglichkeiten unterwirft.

Ein bedächtiger Kanzler

Das Beruhigende ist: Der Kanzler handelt zurückhaltend und bedächtig. Olaf Scholz hat sich keinesfalls mit Kampfgeheul für die Lieferung von Kampfpanzern entschieden, sondern – wenn es jetzt so kommt – nach längerer Überlegung. Der Druck in der öffentlichen Debatte, es müsse – komme, was wolle – schnelle Taten geben, hat ihn wenig bewegt. Das ist eine Amtsführung, wie man sie sich in diesen Zeiten wünscht.

Der Kanzler muss stets zwei Dinge abwägen: den Wunsch, der Ukraine zu helfen, und die Verpflichtung, Deutschland nicht zur Kriegspartei werden zu lassen. Deshalb ging es Scholz stets darum, die wichtigen Schritte nur in einer internationalen Koalition zu gehen – möglichst mit allen wichtigen Partnern. Sollte sich das als richtig erweisen, was aus den USA berichtet wird, wäre es ihm besonders gut geglückt. Laut „Wall Street Journal“ erwägen die USA die Lieferung von Abrams-Kampfpanzern in nicht unerheblicher Zahl. Das klang zuletzt noch anders. Es wäre aber die bestmögliche Sicherheitsgarantie für Deutschland, mit den USA Schritt für Schritt im Gleichklang zu gehen.

Aber wenn man jetzt Kampfpanzer liefert, hätte man es dann nicht schon viel früher tun können oder müssen? Nein. Die internationale Strategie, bei den Waffenlieferungen Schritt für Schritt voranzugehen, hat sich als vernünftig erwiesen. Niemand weiß, was passiert wäre, wenn die USA und Europa gleich alle möglichen verfügbaren Waffensysteme zur Verfügung gestellt hätten. Jede Verschärfung ist ein neues Signal an Putin, dass die freie Welt es mit ihrer Unterstützung für die Ukraine ernst meint. Eine Garantie, dass er daraus bald die richtigen Schlüsse zieht, gibt es aber nicht.