Werner Tillmetz vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung erwartet eine rasant steigende Nachfrage nach E-Autos. Bei der StZ-Leser-Uni begeistert der Batterieexperte die Zuhörer.

Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)

Stuttgart - Volltanken für 1,50 Euro! Das wäre doch was!“, ruft Werner Tillmetz ins Publikum. Angesichts der Preise an den Tankstellen müsste das Vorstandsmitglied des Ulmer Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung eigentlich Kopfschütteln ernten. Aber die Zuhörer nicken zustimmend. Es geht hier auch nicht um Benziner oder Diesel, sondern um Elektroautos. Und wie kommt Tillmetz auf die 1,50 Euro, die Schwabenherzen höher schlagen lassen? „2016 hat Deutschland mehr als 50 Terawattstunden Strom exportiert“, sagt er – etwa zehn Prozent des eigenen Bedarfs. Verkauft worden sei der überschüssige Strom für gerade mal 3,7 Cent pro Kilowattstunde. Würde man damit den 40 Kilowattstunden-Akku eines Renault Zoe laden, müsste man 1,48 Euro zahlen.

 

Das ist natürlich ein theoretischer Wert, weil Normalbürger Strom nicht im Großhandel kaufen. Doch Tillmetz will auch zeigen, dass genug Strom für den schnellen Ausbau der E-Mobilität vorhanden wäre – an der mit Blick auf den Klimaschutz kein Weg vorbeiführe. „Mit der exportierten Strommenge könnten 20 Millionen Elektroautos fahren“. Auch das Laden sei de facto kein Problem. Die meisten Autos stünden 23 Stunden am Tag. Da bleibe genug Zeit, zum Nachladen – zu Hause, während der Arbeit oder vor dem Supermarkt. Am besten fürs Klima sei es aber, wenn Elektroautos mit reinem Ökostrom fahren würden. Eine Fotovoltaikanlage von 20 Quadratmetern – etwa auf dem Carport – reicht laut Tillmetz für 12 000 Kilometer im Jahr.

Schwache Entwicklung in Deutschland

Auch das Reichweitenargument, dass E-Auto-Skeptiker ins Feld führen, zieht nach seinen Worten nicht mehr. „Es gibt jetzt Elektroautos, die nicht viel mehr als 30 000 Euro kosten und bis zu 400 Kilometer weit kommen.“ Er erwartet in den kommenden Jahren denn auch eine rasant steigende Nachfrage. Ende des Jahres seien weltweit 3,5 Millionen E-Autos unterwegs – gegenüber 2,1 Millionen Ende 2016. „Und wo steht Deutschland?“, fragt Tillmetz. Die Antwort liefert ein Diagramm, in dem der deutsche E-Auto-Bestand nur ein dünner Strich ist.

Auch in der Produktion stünden deutsche Autobauer bislang nicht gut da. International lägen Hersteller wie Tesla aus den USA oder BYD aus China vorne. Das Geschäft mit Batteriezellen, die rund ein Drittel zur Wertschöpfung von E-Autos beitragen, machten die Asiaten. „Dabei wurde das Prinzip des Lithium-Ionen-Akkus 1970 an der TU München entwickelt“, sagt Tillmetz. Dieser Akkutyp mit hohem Wirkungsgrad und hoher Speicherdichte werde auch in den nächsten Jahren dominieren.

Brennstoffzelle als Alternative

Chancen sieht Tillmetz aber auch für die Brennstoffzelle, die mit Wasserstoff aus überschüssigem Ökostrom betrieben werden kann. Anders als bei Batterien hätten die Asiaten bei der Brennstoffzelle keinen großen Vorsprung. „Wenn wir schnell wären, könnten wir da was aufbauen“, sagt er.

Die Zuhörer sind begeistert – noch eine halbe Stunde nach dem Vortrag ist Tillmetz von einer Menschentraube umgeben.

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