Unsere Leserinnen und Leser konnten hinter die Kulissen der Feuerwache 4 blicken – und waren davon fasziniert. Wachabteilungsleiter Andreas Reeh führte die Gruppe zweieinhalb Stunden durch das Haus. Auch die Atemschutzübungsstrecke zeigte er den Lesern.

Feuerbach - Retten, Löschen, Bergen, Schützen: „Die Feuerwehr ist schon ein Stück weit Mädchen für alles“, sagt Andreas Reeh, natürlich seien die Aufgabengebiete genau im Feuerwehrgesetz festgelegt. Reeh ist Wachabteilungsführer der Feuerwache 4 an der Bregenzer Straße 47. Am Freitag führte er 13 Leserinnen und Leser durch die Feuerwache 4. Und die waren fasziniert. So manches Klischee löste sich bei dem Blick hinter die Kulissen der Feuerwehr schnell in Luft auf. Zum Beispiel: Dass Feuerwehrleute zwischen den Einsätzen herumsitzen und eine Partie Schach oder Skat spielen können, ist so eine Legende. Die Realität sieht anders aus: Die Arbeitstage sind genau durchgetaktet und strukturiert. Bereits um 7.30 Uhr geht es los mit der Fahrzeugübernahme, es folgen mehrere Übungs- und Arbeitsdienste.

 

Eine kleine Sporthalle und Muckibude für die Feuerwehrleute

Im Obergeschoss der Feuerwache 4 an der Bregenzer Straße gibt es einen Fitnessraum und auch eine kleine Sporthalle: „Wir müssen uns fit halten, Sport hat bei uns einen hohen Stellenwert“, betont Andreas Reeh. Die Stuttgarter Berufsfeuerwehr erledigt rund 16 000 Einsätze im Jahr, das sind 44 pro Tag. Einmal pro Jahr steht ein besonderer Belastungstest an: Dann muss jeder mit einer 14 Kilogramm schweren Atemschutzmontur durch einen engen Gitterkäfig krabbeln, sich durch Schächte und Rohre zwängen: „Nachher schauen wir uns noch die Atemschutzübungsstrecke an“, sagt Reeh. Doch erst einmal geht es zu Fuß mehrere Stockwerke hoch. Aus der Vogelperspektive kann die Gruppe einen Blick auf die Übung im Hof werfen. Ein Strahlenschutzeinsatz wird simuliert. Feuerwehrleute in speziellen Schutzanzügen sind zu sehen, dazu jede Menge Messtechnik und Spezialausrüstung.

Jede Feuerwache übernimmt auch Sonderaufgaben

Fünf Feuerwachen gibt es verteilt aufs gesamte Stuttgarter Stadtgebiet. Jede Wache umfasst mindestens einen Löschzug. Zudem deckt jede der fünf Feuerwachen (FW) Sonderaufgaben ab, wie die Wasserrettung (FW3 Bad Cannstatt), den Umweltschutz (FW2 S-West), Höhen- und Spezialrettung (FW5 Filder) und Strahlenschutz- und Bioeinsätze (FW4 Feuerbach). In der FW4 befindet sich außerdem die Zentralwerkstätten Funk und Atemschutz. Auf der Wache steht ein spezielles Messleitfahrzeug, das ebenfalls rund um die Uhr besetzt sein muss. Zu den 5 Feuerwachen kommen 25 Freiwillige Feuerwehren (FFW). „Die FFW ist ein Ehrenamt, bei uns ist es der Hauptberuf“, erklärt Reeh den Unterschied. Doch beide arbeiten Hand in Hand: „In einer Großstadt wie Stuttgart kann man nicht auf die Freiwillige Feuerwehr verzichten“, stellt er klar.

In der Integrierten Leitstelle laufen die Fäden zusammen

Warum man für manche Einsätze der Feuerwehr zur Kasse gebeten werde, will eine Leserin wissen. „Es gibt Pflicht- und Kann-Aufgaben“, stellt Reeh klar. Menschenrettung und Brandeinsätze sind Pflicht und für die Betroffenen kostenfrei. Wenn allerdings bei Hochwasser der Keller ausgepumpt werde, gebe es meist eine Rechnung. Reeh erklärt auch die Aufgaben der Integrierten Leitstelle Stuttgart. Er arbeitet selbst in dem „roten Würfel“ in Bad Cannstatt als Lagedienstführer. Dort laufen die Fäden zusammen, wenn es um Sicherheit und Mobilität in Stuttgart (SIMOS) geht. Drei Leitstellen agieren dort unter einem Dach: Die Integrierte Leitstelle (ILS) der Feuerwehr Stuttgart und des Deutschen Roten Kreuzes, die Integrierte Verkehrsleitzentrale (IVLZ) mit Vertretern des Ordnungsamtes, des Tiefbauamts, der Stuttgarter Straßenbahnen und des Polizeipräsidiums. Und der Führungs- und der Verwaltungsstab der Landeshauptstadt für außergewöhnliche Ereignisse und Katastrophen. Wenn es im großen Stil brenzlig wird, können dort alle Beteiligten schnell an einen Tisch gebracht werden. Auch die Verkehrsflüsse versucht man von dort zu optimieren: „Wir haben ja den negativen Touch, Deutschlands Stauhauptstadt zu sein“, sagt Reeh.

Als „Leitstellenmensch“ habe er auch eine konkrete Bitte. „Wählen Sie bei einem Notfall ohne Scheu die 112“, wandte sich Reeh an unsere Leser. Einmal sei eine Frau in der Leitung gewesen, die habe nur gesagt: „Helfen Sie meinem Mann, er stirbt!“ Sie habe danach sofort aufgelegt. Keine Adresse, nichts. Deshalb rät Reeh: „Lassen Sie bei einem Notruf uns das Gespräch führen und die relevanten Fragen stellen. Wenn wir alle wichtigen Informationen haben, beenden wir das Gespräch mit dem Satz: ,Hilfe kommt‘“, erklärt der 43-Jährige.

Seit 23 Jahren ist Reeh bei der Feuerwehr und spürt den Knochenjob inzwischen schon: „Das Schichten ist schon ungesund“, sagt er. Wie hoch die körperlichen Belastungen sind, konnten die Leser aus nächster Nähe erleben: Ein Feuerwehrmann quälte sich voll bepackt durch einen Hindernisparcours aus Gitterboxen und Rohren. Das Ganze heißt Atemschutzübungsstrecke. Klar ist: wer bei einem Rettungseinsatz in einem Gebäude schwer bepackt mit Atemschutzgerät, Pressluftflasche und geschützt durch eine Spezial-Montur bei einem Brand mehrere hundert Grad Hitze ausgesetzt ist, braucht eine gute Kondition und Konstitution, um dies durchzustehen. Deshalb müssen alle Feuerwehrleute den Belastungstest einmal pro Jahr absolvieren. „Wer die Belastung nicht mehr schafft, der ist raus“, sagt Reeh.