Rund 50 Leser haben auf den Aufruf der StZ reagiert und über ihre Erfahrungen mit Kontrolleuren der SSB berichtet. Gut die Hälfte davon hat überwiegend negative Erfahrungen gemacht. Aber es gibt auch Lob für die Prüfer.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Annähernd 50 Leserinnen und Leser haben der StZ in den vergangenen Tagen eine qualifizierte Rückmeldung zu ihren Erfahrungen mit Kontrollen im Nahverkehr gegeben. Daraus lässt sich natürlich keine repräsentative Umfrage ableiten, aber die Antworten sind doch so verschieden und so vielschichtig, dass sie tendenziell ein zutreffendes Meinungsbild abgeben dürften. Obwohl bei solchen Umfragen eher jene Menschen schreiben, die sich über die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) oder die DB Regio geärgert haben, ist ein Drittel der Rückmeldungen positiv. Viele Nutzer des ÖPNV, sind der Meinung, dass die Kontrolleure sich immer korrekt und oft kulant verhalten. Viele begrüßen die Prüfungen ausdrücklich, da so dem Schwarzfahren ein Riegel vorgeschoben werde und da die Anwesenheit der Prüfer die Sicherheit in den Züge erhöhe. Weitere 14 Prozent sind geteilter Meinung: Sie haben im Grundsatz nichts zu beanstanden, haben aber im Einzelfall negative Erlebnisse mit Kontrolleuren gehabt.

 

Die Hälfte der Leser bemängelt die Art der Kontrollen

Gut die Hälfte der Leser sind dagegen nicht einverstanden mit der Art der Prüfungen. Dies sind ihre wichtigsten Punkte: Nicht nur für Touristen und Ortsunkundige sei das Zonensystem so undurchsichtig, sagen viele Leser, dass man schnell ein falsches Ticket aus dem Automaten lasse. Bei einer Kontrolle werde sofort ein Strafgeld von 40 Euro ausgestellt. Das System müsse deshalb vereinfacht werden. Albert Böhm, der Leiter des SSB-Servicedienstes, hält dagegen: In Stuttgart gebe es nur noch zwei Zonen – viel einfacher gehe es kaum. Einige Leser beschweren sich, dass sie bei einer Kontrolle nicht an ihrer Haltestelle aussteigen durften, sondern gegen ihren Willen bis zur Aufnahme der Personalien weiter mitfahren mussten. Selbst Kinder durften laut einer Zuschrift an ihrer Schule den Zug nicht verlassen. Manche nannten dies schlicht Freiheitsberaubung. Johann Schmickl, der stellvertretende Betriebsleiter der SSB, betont: Nur bei kritischen Situationen, wenn also eine Eskalation drohe, blieben die Prüfer im Wagen. Die Regel sei, dass einer der Kontrolleure mit dem Fahrgast den Zug verlasse.

Manchmal kleinlich und kundenunfreundlich

Kontrolleure würden Fahrgästen eine Strafe aufbrummen, nur, weil man eine Nummer auf dem Ausweis nicht lesen konnte oder, weil man nicht gleich in der ersten Sekunde nach dem Einsteigen das Ticket entwertet habe. Das sei kleinlich und kundenunfreundlich, kritisieren viele Leser. Die SSB verweisen auf ihre Regel, dass Prüfer einen Ermessensspielraum besäßen und je nach Situation entschieden, ob sie 40 Euro verlangen oder nur den Preis für einen gültigen Fahrschein. Die verringerte Gebühr von zehn Euro für Ersttäter wurde zum 1. Januar 2012 abgeschafft. Manche Leser fühlten sich in eine Falle gelockt – sie seien bewusst ein zweites Mal kontrolliert worden, nachdem sie aus Versehen in eine falsche Zone gefahren waren und ihr Fahr- schein damit ungültig geworden war. Bei sogenannten Linienprüfungen (siehe Zusatztext) könne das vorkommen, sagt Albert Böhm: Sehr häufig werde dann aber nur eine neue Fahrkarte verlangt.

Schüler würden von den Kontrolleuren oft zu hart angegangen, lautet eine weitere Kritik. Sie würden mit der gleichen Vehemenz wie Erwachsene kontrolliert. Das weisen die SSB zurück. Kinder unter zwölf Jahren erhielten grundsätzlich keine Strafe, sondern es würden die Eltern angeschrieben, die den Betrag dann zahlen müssen. Mit Kindern werde auch prinzipiell nie weiter gefahren als bis zu ihrer Haltestelle.

Prüfer durchlaufen Ausbildung mit Deeskalationstraining

Die SSB beschäftigen 160 Mitarbeiter im „Zentralen Service“, gleichzeitig unterwegs sind bei der Fahrscheinprüfung vier bis sechs Teams mit drei bis fünf Personen. Die Schwarzfahrerquote liege bei 2,5 Prozent, sagt Wolfgang Arnold, der Technische Vorstand der SSB. Bei der DB Regio, die die S-Bahnen in der Region betreibt, liegt diese Zahl gleich hoch, wie Karl-Heinz Schnieringer von der DB Regio bestätigt. Beide Unternehmen geben an, dass die Zahl der gefährlichen Situationen zurückgegangen sei, seit Prüfer und Polizei regelmäßig gemeinsam kontrollierten.

Alle Prüfer bei SSB und DB Regio durchlaufen eine Ausbildung, zu der ein Deeskalationstraining gehört. Schon vor der Einstellung müssen die Bewerber einen Persönlichkeitstest über sich ergehen lassen; dabei wird anhand von Videos geprüft, wie sie sich in bestimmten Situationen verhalten. Ein Gerücht, das immer wieder durch Internetforen spukt, weist Wolfgang Arnold übrigens streng zurück: „Die Kontrolleure erhalten keine Prämien für erwischte Schwarzfahrer.“

So kontrollieren die SSB in Bahnen und Bussen

Mitarbeiter: Rund 160 Mitarbeiter prüfen Fahrscheine sind bei den Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) – viele in Teilzeit. Alle Mitarbeiter haben noch andere Aufgaben. Es gibt vier unterschiedliche Prüfmethoden bei den SSB.

Kurzkontrolle: Bei diesem Verfahren steigen die Kontrolleure an einer Haltestelle ein, kontrollieren die Tickets und steigen nach etwa zehn Minuten wieder aus.

Linienprüfung: Die Kontrolleure sind am Startpunkt der Stadtbahn bereits im Zug und bleiben dort bis zum Linienende – im Prinzip haben sie bei dieser Prüfmethode die Funktion eines Schaffners. Dabei kann es vorkommen, dass Fahrgäste mehrmals kontrolliert werden.

Schwerpunktkontrolle: Etwa alle zwei Monate kontrollieren die SSB gemeinsam mit der Polizei. Bis zu 200 Prüfer sind dann im Einsatz, mehrere tausend Fahrgäste können dabei kontrolliert werden.

Buskontrolle: Auf Buslinien werden manchmal Busse an einer Haltestelle ein bis zwei Minuten lang aufgehalten wegen der Kontrolle.