Die StZ-Weinkolumnistin Kathrin Haasis stellt einen Wein vor, der von den Marbachern zu Ehren eines berühmten Sohnes der Stadt kreiert wurde.
Stuttgart - Marbach hat einen Ruf wie Donnerhall. Schiller! Literaturarchiv! Zwei Worte nur, und bundesweit weiß fast jeder Bescheid. Wenn man im nächsten Zug Weingärtnergenossenschaft sagt, schauen die Leute allerdings schon ziemlich ahnungslos. Der Donnerhall ist beim Thema Wein längst verhallt. Das ist natürlich äußerst schade, denn an den Steillagen des Neckars rund um das Städtchen beackern die Genossen mit viel Mühe und Schweiß diese Kulturlandschaft, wie sie vermutlich schon zu Schillers Zeiten an dem Fluss ausgesehen hat. Und außerdem ist es kein Geheimnis, dass sich der Dichterfürst durchaus den ein oder anderen Tropfen gegönnt hat.
Logisch, dass die Genossen jede Menge Schillerwein im Programm haben. Neu ist dieses Jahr Tobias Mayer. Den Astronomen und Mathematiker, der vor 250 Jahren gestorben ist, behandeln sie weintechnisch wesentlich besser als ihren berühmten Dichterfürsten. Die Marbacher werben längst damit, dass auch bei ihnen die Qualität vor der Quantität stehe. Bei dem Wein für Tobias Mayer, der den Mond kartografiert hat, haben sie dies ganz gut umgesetzt. Die Cuvée, die von Dornfelder dominiert wird, soll schwäbisch schmecken und südländisch wirken. Sie riecht nach Kirsche und Vanille und ist leicht gekühlt getrunken ein fruchtiger Genuss. Für Donnerhall sorgt zwar auch dieser Tropfen aus Marbach nicht, aber er macht Spaß.
Das Urteil der StZ-Weinrunde:
Holger Gayer: Tut mir leid, aber eine so herausragende Persönlichkeit wie Tobias Mayer hätte einen würdigeren Wein verdient gehabt. Dieser hier hat mir entschieden zu viel Vanille; er wirkt marmeladig und in den Aromen fast ein wenig künstlich. Schade!
Harald Beck: Der Erstkontakt mit dem Astronomentropfen ist schwierig, da meuchelt was in der Nase. Im Geschmack ein leicht künstlich wirkendes Allerlei mit Holz. Gekühlt mag er gewinnen, abheben quasi – ein Fall für Weltraumflüge?
Tobias Mayer Cuvée, 6,30 Euro, Weingärtner Marbach, Affalterbacher Straße 65, Telefon 0 71 44/64 19, www.wg-marbach.de
Nächste Woche: Harald Beck über einen goldgekrönten Kerner aus Fellbach.