Leidenschaftliche Weintrinker kommen meistens an diesen Punkt: Sie wollen es selbst ausprobieren. So auch Tobias Gschwendtner, der hauptberuflich an der Uni Stuttgart arbeitet. In seiner Freizeit keltert er einen exzellenten Trollinger – und schafft es damit sogar in die Speisemeisterei.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Stuttgart - Leidenschaftliche Weintrinker kommen meistens an diesen Punkt: Sie wollen es selbst ausprobieren. Wein zu machen kann doch nicht so schwer sein, ist doch nur Biologie. Auch ich war eines Tages so weit: Rotwein sollte es werden von ungefähr fünf Kilo Trauben, Sorte unbekannt. Zu Hause in der Küche quetschte ich sie vorsichtig, legte sie in die Teigrührschüssel und ließ die Maische gären. Spontan natürlich! Aber leider bildete sich statt Alkohol nur Schimmel. Ich kippte die Masse und meine Ambitionen auf den Müll.

 

Tobias Gschwendtner hat offensichtlich viel mehr Durchhaltevermögen und eindeutig die nötige wissenschaftliche Akribie für einen solchen Versuchsaufbau. Hauptberuflich arbeitet er als Pädagoge an der Universität Stuttgart. Beim Zivildienst in Freiburg ist er auf den Weingeschmack gekommen, hat seine Freizeit seither mit dem Besuch von Weingütern verbracht. Und dann kam er an diesen Punkt. Ein Bekannter bot ihm in Feuerbach eine Parzelle an, sechs Ar, vor allem mit uraltem Trollinger bepflanzt. 2009 legte er los, bei den ersten beiden Jahrgängen half ein befreundeter Winzer. 2011 verwandelte er seine Küche in einen Gärkeller. Mittlerweile keltert er den Wein in einer Garage in Botnang. Der Trollinger ist so besonders, dass er es im Sternelokal Speisemeisterei auf die Karte geschafft hat. Er ist ein Unikat, würzig, kräftig, vielschichtig, mit einem Hauch von Erdbeerduft. Ein gelungenes Experiment!

Das Urteil der StZ-Weinrunde

Holger Gayer: Die Geschichte ist so gut, dass fast egal ist, wie der dazugehörende Wein schmeckt. Wer’s trotzdem wissen will: sehr herb ist er, animalisch gar, kaum Frucht, sondern purer Charakter. Den muss man nicht mögen. Aber man kann es.

Harald Beck: Für einen Trollinger würde man diesen Tropfen weder beim ersten noch beim nächsten Schluck halten. Aber interessant ist er auf jeden Fall, intensiv, kräftig, und Wein von 80 Jahre alte Reben erlebt man ja auch nicht so oft.

Trollinger 2011
Feuerbacher Berg Alte Reben Pflanzjahr 1934, 9 Euro, Tobias Gschwendtner, Telefon 07 11/2 73 03 60