Gerhard Polacek liest 14 Stunden lang komische Texte unter einem Pavillon auf dem Hafenmarkt.

Esslingen - Die Reihe der Stadtbücherei heißt „Erlesene Orte“ und am Samstag war dieser erlesene Ort ein kleiner blauer Pavillon auf dem Hafenmarkt, davor eine Reihe von Klappstühlen. Dort las der Esslinger Schauspieler und Regisseur Gerhard Polacek von 7 bis 21 Uhr quasi nonstop auf dem Hafenmarkt aus rund 70 humoristischen Büchern vor.

 

Die Orte sind Teil des Kunstwerks

Ob er den Lesemarathon bis zum Ende durchhalten würde, war ungewiss. Um 21 Uhr wurde die Veranstaltung beendet, eine Stunde vor dem geplanten Ende. „Es war ein natürliches Ende“, sagte Polacek am Sonntagvormittag nach dem Lesetag. Am Ende sei kein Publikum mehr da gewesen. Über den Tag habe es aber immer eine Gruppe von Zuhörenden gegeben, berichtete der 63-Jährige. „Es waren mal mehr, mal weniger Leute vor Ort.“ Sogar zu Beginn um 7 Uhr morgens seien Menschen da gewesen, die seinen Worten gelauscht hätten. „Ich musste keine leeren Stühle ansprechen“, sagte der Literaturliebhaber und freute sich.

Im Gegensatz zu anderen „Erlesenen Orten“, für welche Eintrittskarten vorgezeigt werden müssen, ist der Hafenmarkt frei zugänglich. Die Texte der Lesereihe sind immer auf den jeweiligen Veranstaltungsort abgestimmt. Die Orte sind nicht nur Kulisse, sie sind Teil eines Gesamtkunstwerks. In der Vergangenheit wurde auf dem Turm der Stadtkirche, in der Hochwacht, auf dem Neckar oder inmitten einer Gartenlandschaft vorgelesen. Mit der vielstündigen Lesung auf dem Hafenmarkt wurde den „Erlesenen Orten“ die Stadt Esslingen als Ganzes hinzugefügt, und so wurde die Stadt für einen Tag zur Bühne gemacht. Dass es der Hafenmarkt war, der schließlich zum Vorleseraum wurde, war freilich kein Zufall.

Die Stimme hielt – und auch die gute Laune

Der „kuschelige“ Hafenmarkt sei das Herz der Stadt, findet Polacek. Mit der offenen Lesung sollte die Intimität der sonstigen Lesungen aufgebrochen werden. Das sei gelungen. „Ich bereue es nicht. Ich bin glücklich, dass ich es machen konnte.“ Eine weitere vielstündige Lesung an einem öffentlichen Ort solle es aber im kommenden Jahr nicht mehr geben, verrät Polacek. „Das braucht man nicht jährlich“, sagte er. Die Stimme habe ebenso wie die gute Laune gehalten, berichtete der Vorleser. „Es hat mir auch um 19 Uhr noch Spaß gemacht, es war eine tolle Erfahrung.“ Insgesamt habe er rund fünfzig Minuten Pause gemacht. Essen, Trinken und Toilettengänge waren erlaubt. Das Publikum und ein benachbarter Gastronomiebetrieb verpflegten Polacek mit Brezeln, Maultaschen und Kartoffelsalat.

Zum Abschluss der Reihe geht es am 23. August um 19 Uhr in den einstigen Mettinger Luftschutzbunker. Treffpunkt ist um 18.45 Uhr an der Schule in Mettingen. Eintrittskarten gibt es nur im Vorverkauf in der Esslinger Stadtbücherei (Heugasse 9, Auskunft in der ersten Etage).