Roger Sterling: Der wahre Held (von Ariane Holzhausen)

John Slattery alias Roger Sterling. Foto: AMC

Der in die Agentur hineingeborene Präsident Roger Sterling (John Slattery) macht die besten Sprüche. So gute, dass es sie längst gesammelt und als Buch zu kaufen gibt. Er ist der einsame graue Werbewolf, der zwar meistens betrunken oder sonst wie auf Drogen unterwegs ist – im richtigen Moment aber doch immer recht nüchtern die richtigen Fäden zieht. Er ist der ewig Suchende, der sich durch Frauenherzen wälzt, um, wenn nicht dort, dann im LSD-Rausch die Antwort auf den Sinn im Leben zu finden. Kurz vor dem Finale will er nicht nur seine Firma retten, sondern alle, die ihm am Herzen liegen. Der Pop-Philosoph ist halt ein Guter. Irgendwie. Die meisten sehen ihn am Ende wohl an der Seite seiner großen Liebe Joan und ihrem gemeinsamen Kind. Aber wäre das ein ordentliches Sterling-Ende? Dafür bleibt Roger hoffentlich zu zynisch.

Donald „Don“ Draper: Ein amerikanischer Antiheld (von Eva-Maria Manz)

Christina Hendricks alias Joan. Foto: AMC

Joan (Christina Hendricks), anfangs Chefassistentin von Sterling Cooper und bis zur siebten Staffel aufgestiegen zur Partnerin, ist die Verkörperung des Slogans „Sex sells“: einerseits setzt sie ihre attraktive Erscheinung (flammend rotes Haar, üppige Figur, Flirtgenie) unverblümt ein, um in einer männlich dominierten Arbeitswelt ihre Interessen durchzusetzen, andererseits wird sie von ihren Chefs sexuell diskriminiert und ausgebeutet bis zum Missbrauch. Privat hilft ihr die Erotik wenig. In all dem bewährt sie sich dank großer seelischer Stärke. Für die Zukunft ist der Vollzeit arbeitenden alleinerziehenden Mutter eines kleinen Sohnes zu wünschen, dass zu beidem – Körper und Seele – ein ihren fachlichen Fähigkeiten angemessener beruflicher Erfolg tritt. Ob die Siebziger schon das richtige Jahrzehnt dafür sind?

Betty Draper/Francis: Traurige Hausfrau (von Ariane Holzhausen)

January Jones alias Betty. Foto: AMC

Als Don Drapers Frau war Betty (January Jones) eine einsame unglückliche Hausfrau mit Kindern. Als Henry Francis’ Frau ist sie eine einsame unglückliche Politikergattin mit noch mehr Kindern. Die Leere, die sich in der Grace-Kelly-ähnlichen Hülle breitmacht, betäubt Betty mit viel Alkohol oder viel Essen. Sie spürt, dass es da draußen mehr gibt als dieses Schöne-Frau-von-Dasein – aber ob das wirklich was für sie sein könnte? Als sie noch mal mit ihrem Ex Don im Bett landet, ist die sonst So-korrekt-perfekt-sein-Wollende aus ihrer fest gefügten Welt ausgebrochen. Ob sie noch mutiger wird? Immerhin hat sie zuletzt ihren hauseigenen Politiker ziemlich bloßgestellt.

Sally Draper: Rebellin aus Gründen (von Eva-Maria Manz)

Kiernan Shipka alias Sally Draper. Foto: AMC

Die Tochter von Don und Betty Draper war fünf Jahre alt, als wir sie in der ersten Staffel kennenlernten. Ihre konservative Mutter erklärte Sally (Kiernan Shipka) früh genug, wie der Hase läuft, etwa: „Du küsst keine Jungs, du wirst geküsst.“ Mittlerweile ist Sally ein rauchender Teenager im Internat. Sie erlebt, wie die Erwachsenen das eine sagen und das andere tun, wie sie saufen und fremdgehen. Die Welt, in der Sally aufwächst ist mindestens so „phony“, also verlogen, wie jene die schon Holden Caulfield im „Fänger im Roggen“ leiden ließ. Doch Sally lässt sich nicht unterkriegen, ist frech, und ihr Style wird immer cooler. Vielleicht will sie bald ihren Abschlussball schwänzen, um heimlich ein Jimi-Hendrix-Konzert zu besuchen . . .

Megan Draper: Die Lady des Jahrzehnts (von Eva-Maria Manz)

Jessica Paré alias Megan Draper- Foto: AMC

War das bezaubernd, als Megan in der fünften Staffel „Zou Bisou Bisou“ für Don sang! Megan (Jessica Paré) ist zweisprachig aufgewachsen, sexy, modern, ganz anders als Dons erste Frau Betty. Megan passt in die Siebziger, für Don ein adäquates Accessoire für die neue Lebensphase. Doch Megan will Schauspielerin werden, zieht nach L.A., Don geht fremd, und so scheitert langsam auch diese Ehe. Im Internet kursiert die wilde Theorie, Megan stelle das Alter Ego des einstigen TV-Sternchens Sharon Tate dar und müsse deshalb am Ende der Show sterben. Anhaltspunkt ist ein Shirt mit einem roten Stern, das Megan in der sechsten Staffel trug. Tate hatte das gleiche Shirt auf einem ihrer letzten Shootings an, bevor sie 1969 hochschwanger von der Manson-Familie ermordet wurde.

Peggy Olson: Unscheinbar erfolgreich (von Ariane Holzhausen)

Elisabeth Moss alias Peggy Olson. Foto: AMC

Unglaublich, wie naiv Peggy Olson (Elisabeth Moss) anfangs der Serie als Sekretärin von Don Draper durch die Werbewelt stolperte. Damals dachte das Mauerblümchen noch, es gehört zu ihren Pflichten, mit dem Chef ins Bett zu steigen. Inzwischen ist sie die modernste Figur der Serie: Sie ist längst selbst Chefin, rettet Draper oft seinen hübschen Hintern und hat für ihre sehr hart erkämpfte Karriere – natürlich anders als ihre männlichen Kollegen – ihr uneheliches Kind bei ihrer Mutter lassen, ihr Privatleben opfern und ständige Diskriminierungen einstecken müssen. Vielleicht verbrennt die ebenso katholische wie freigeistige Frau am Ende ihren BH und kann ihren Erfolg einfach mal genießen?

Nur die Agentur zählt – und die große Liebe

Roger Sterling: Der wahre Held (von Ariane Holzhausen)

John Slattery alias Roger Sterling. Foto: AMC

Der in die Agentur hineingeborene Präsident Roger Sterling (John Slattery) macht die besten Sprüche. So gute, dass es sie längst gesammelt und als Buch zu kaufen gibt. Er ist der einsame graue Werbewolf, der zwar meistens betrunken oder sonst wie auf Drogen unterwegs ist – im richtigen Moment aber doch immer recht nüchtern die richtigen Fäden zieht. Er ist der ewig Suchende, der sich durch Frauenherzen wälzt, um, wenn nicht dort, dann im LSD-Rausch die Antwort auf den Sinn im Leben zu finden. Kurz vor dem Finale will er nicht nur seine Firma retten, sondern alle, die ihm am Herzen liegen. Der Pop-Philosoph ist halt ein Guter. Irgendwie. Die meisten sehen ihn am Ende wohl an der Seite seiner großen Liebe Joan und ihrem gemeinsamen Kind. Aber wäre das ein ordentliches Sterling-Ende? Dafür bleibt Roger hoffentlich zu zynisch.

Donald „Don“ Draper: Ein amerikanischer Antiheld (von Eva-Maria Manz)

Jon Hamm alias Donald Draper. Foto: AMC

Das Online-Magazin „Ask Men“ hat die Serienfigur Don Draper (Jon Hamm) einmal zum einflussreichsten Mann der Welt gewählt. Alle wollen sein wie Draper, dieser coole Typ, der alle um den Finger wickelt, schöne Anzüge trägt und viele Frauen hat. Doch die Zuschauer wissen schon lange: Draper ist ein Antiheld mit traumatischer Kindheit im Hurenhaus, mit falscher Identität. Don Draper hat sich ganz amerikanisch selbst erfunden. Doch die Identität ist brüchig. Was will dieser Mann? Einmal sagt er: „Was ist Glück? Es ist ein kurzer Moment, bevor du mehr Glück brauchst.“ Don Draper erlebt Ende der sechsten Staffel einen Zusammenbruch, muss wieder angekrochen kommen, um überhaupt noch mitarbeiten zu dürfen in der Werbeagentur. Der Vorspann der Serie zeigt seit Beginn 2007 einen Mann, dessen Welt zerbricht, aus den Fugen gerät, der ikonografisch betrachtet wie der „Falling Man“ des 11. September 2001 in New York aus dem Hochhaus stürzt. Somit war die Figur Don Draper mit ihren Hochs und Tiefs am Ende auch Ausdruck eines Lebensgefühls in den USA seit den Anschlägen 2001 und vielleicht deshalb für den Erfolg der Serie mit verantwortlich. Wer sind wir eigentlich? Wo kommen wir her, wo gehen wir hin? Es wird spannend, wie die Serienschreiber darauf antworten und was mit Don geschieht.

Harry Crane: Nerd und Hipster (von Julia Schröder)

Rich Sommer alias Harry Crane. Foto: AMC

Harry (Rich Sommer) ist der kleine Dicke mit der Brille und der Fliege: unterschätzt und unterbezahlt. Aber früh erkennt er die Chancen, die das neue Medium Fernsehen der Werbung eröffnet, und damit beginnt sein Aufstieg bei Sterling Cooper. Irgendwann fühlt er sich sogar stark genug, um es mit Joan aufzunehmen . . . Zuletzt ist er als Leiter der Medienabteilung nach Los Angeles gewechselt, um näher an den Filmleuten dranzusein, und hat für seine Chefs Don und Roger den Cicerone auf drogenschwangeren Kreativen-Partys gegeben. Ihm wäre zu wünschen, dass irgendwann sein Büro groß genug ist, um seine Wahnsinnskoteletten drin unterzubringen.