Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Die LBBW-Anwälte von der Stuttgarter Kanzlei Kuhn Carl Norden Baum zielen vor allem auf den „Sonderuntersuchungsbericht“, in dem die Vorwürfe des Hauptaktionärs HPE und des Insolvenzverwalters Grub aufgelistet sind. Entgegen der hehren Bezeichnung handele es sich um ein schnödes „Parteigutachten“, das vor allem dazu diene, das rüde Vorgehen der Holländer bei der Ablösung der Hess-Vorstände zu rechtfertigen. Schon die Rolle des kaufmännischen Leiters von Hess, der als „Whistleblower“ den Aufsichtsratschef und HPE-Manager Tim van Delden informiert habe, sehen die Advokaten kritisch: Sollte es die von ihm behaupteten Unregelmäßigkeiten tatsächlich gegeben haben, wäre er daran „selbst massiv beteiligt gewesen“.

 

Für höchst fragwürdig halten sie das weitere Vorgehen van Deldens. Ohne eine nähere Prüfung der massiven Vorwürfe zuzulassen, habe der schon wenige Tage später Fakten geschaffen: In einer kurzfristig einberufenen Sitzung des Aufsichtsrates, deren Gegenstand die anderen Kontrolleure vorab nicht erfuhren, sei die Abberufung der Vorstände regelrecht durchgepeitscht worden. Christoph Hess, gerade auf Auslandsreise, habe keine Chance bekommen, sich zu verteidigen. Ein einziges Mal sei versucht worden, ihn per Handy zu erreichen – vergeblich. Einen neuen Vorstand, der gleich die Arbeit aufnehmen sollte, habe der HPE-Mann schon „in petto“ gehabt – das zeige sein planvolles Vorgehen.

Vollends „verheerend“ wirkte laut den Bankanwälten die Ad-hoc-Meldung, mit der der Verdacht der Bilanzmanipulation noch am gleichen Tag publik gemacht wurde. Das Schicksal von Hess sei damit „besiegelt“ gewesen: die Banken drehten den Geldhahn zu, Lieferanten wollten nicht mehr in Vorleistung gehen – die Insolvenz war „nicht mehr aufzuhalten“. Fazit der LBBW-Advokaten: die Holländer hätten „alles auf eine Karte gesetzt“ und so ein erhebliches Haftungsrisiko in Kauf genommen. Bliebe von den Vorwürfen gegen Hess und Ziegler am Ende nichts oder wenig übrig, hätte HPE „pflichtwidrig die Zukunft der gerade erst an die Börse gegangenen Hess AG verspielt“.