Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Dass sich genau das im Nachhinein erweisen könnte, hält die Bank für durchaus denkbar. Man könne natürlich „nicht ausschließen, dass einzelne Bilanzierungen . . . tatsächlich unrichtig waren“, heißt es in ihrem Schriftsatz. Doch für die angebliche groß angelegte Manipulation gebe es bis heute keinen Beweis. Fragwürdig sei etwa der Vorwurf von Scheingeschäften, mit denen der Insolvenzverwalter regelmäßig operiere. Aus dessen Sicht sei das folgerichtig: Nur wenn rechtlich unwirksame Geschäfte vorlägen, hätte er Rückforderungsansprüche, die die Insolvenzmasse mehrten. Doch in dem von Volker Grub „gerne und oft bemühten Fall der mehrfachen Veräußerung von Werkzeugmaschinen“ sei das Landgericht Konstanz seiner Argumentation gerade nicht gefolgt. Nun soll die nächste Instanz das Urteil prüfen, es handele sich um keine Scheingeschäfte.

 

Auch die von Grub verkündete Entscheidung der Wirtschaftsprüfer, ihre Testate für die Hess-Jahresabschlüsse zu widerrufen, relativieren die LBBW-Anwälte stark. Dies sage wenig darüber aus, ob und in welchem Umfang die Bilanzen wirklich falsch waren. Eine Prüfung der umstrittenen Sachverhalte habe der Insolvenzverwalter nämlich gar nicht erst zugelassen – besonders, weil er die Ex-Vorstände nicht von ihrer Pflicht zur Verschwiegenheit befreite. Das vermutete Kalkül: den Prüfgesellschaften gehe es vor allem darum, „sich selbst aus der Schusslinie zu nehmen“ und möglichen Haftungsklagen vorzubeugen. Auch nach anderthalb Jahren, bilanzieren die Anwälte, sei der Fälschungsvorwurf nicht belegt: Es gebe weder ein strafrechtliches Urteil oder zumindest eine Anklage, die Ermittlungen seien „noch nicht einmal abgeschlossen“.

So bald ist damit nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Mannheim auch nicht zu rechnen. Wann der Abschlussbericht der Polizei vorliege, sei derzeit „nicht absehbar“, sagt der Sprecher der Schwerpunktabteilung für Wirtschaftskriminalität; „wohl noch in diesem Jahr“. Dann gehen erfahrungsgemäß noch einmal Monate ins Land. Die Haftbefehle gegen Hess und Ziegler immerhin wurden auf Antrag der Ankläger aufgehoben, „weil keine Fluchtgefahr mehr vorliegt“. Beendet wurden die Ermittlungen bisher nur in einem – was das Finanzvolumen angeht – unbedeutenden Nebenkomplex: Wegen Untreue in 16 Fällen erging gegen Christoph Hess ein Strafbefehl über ein Jahr Haft auf Bewährung, gegen den er freilich Einspruch einlegte. Vorgeworfen wird ihm die Vermengung von privaten und geschäftlichen Ausgaben, etwa bei Flugreisen oder Arbeiten an seinem Wohnhaus. Eine Strafbefehl wegen Beihilfe gegen einen Handwerker wurde bereits rechtskräftig.

Die Landesbank hat derweil das gleiche Interesse wie ihr „Streithelfer“ Christoph Hess: Man wolle, dass „die Vorgänge vor der Insolvenz lückenlos aufgeklärt werden“, sagt ein LBBW-Sprecher. Dann werde sich erweisen, dass die Buchungen korrekt gewesen seien, meinte der Ex-Firmenchef einmal. Vielleicht bringt ja schon die Verhandlung am nächsten Freitag etwas Klarheit: Vier Stunden hat die Kammer angesetzt, um mehrere Zeugen zu hören – gewiss nicht das letzte Kapitel in diesem Wirtschaftskrimi.