Frankreich ist eine Comic-Nation – und stolz darauf. Zwei seiner immer für Überraschungen guten Erzähltalente kommen in die Stuttgarter Stadtbibliothek am Mailänder Platz: Lewis Trondheim und Brigitte Findakly.

Stuttgart - Auch in der Comic-Welt gibt es Zeichner und Autoren, die mit jedem Strich und jeder Silbe ringen, die ewig an ihrer Arbeit zweifeln und kein Blatt je als fertig an einen Verlag schicken mögen. Vielleicht träumen die ja alle davon, von einer guten Fee in Lewis Trondheim verwandelt zu werden.

 

Der 1965 als Laurent Chabosy geborene Franzose ist wie sein Kollege Joann Sfar, mit dem er viel zusammenarbeitet, ein Besessener oder ein Begnadeter, aus dessen Arbeitszimmer ausgereifte Comics strömen, als habe er Schlaf komplett durch Zeichnen ersetzt. Wobei er nie müde oder bloß routiniert wirkt, wie man am Mammutprojekt „Donjon“ sehen kann, einer satirisch verzerrten Fantasywelt, die er gemeinsam mit Sfar erschafft.

Scherze oder Albträume?

In mehr als drei Dutzend Bänden wird gallig, ulkig, gruselig und manchmal auch ein wenig philosophisch eine Welt der Tyrannen, Magier, Monster, Ritter, Spukgestalten und vor allem, der menschenschlauen Tierwesen entworfen, bei der nie klar wird, ob Sfar und Trondheim vergnügt Scherze mit den Illusionswelten anderer treiben oder eigene Albträume abarbeiten.

Am Samstag, den 22. Juni 2019, um 19.30 Uhr kommt Lewis Trondheim zusammen mit seiner Frau Brigitte Findakly, die viele seiner Arbeiten koloriert hat, in die Stadtbibliothek Stuttgart. Die Zusammenarbeit des Paars dürfte aber um einiges komplexer sein als kurze Angaben zur Aufgabenverteilung fassen. Das hat sich am deutlichsten bei „Mohnblumen aus dem Irak“ gezeigt, einer autobiografischen Graphic Novel, die von Findaklys Kindheit in Mossul erzählt. Trondheim, der sonst sprechende Tiere in den Mittelpunkt stellt, entwirft hier liebevoll stilisierte Cartoon-Menschen, und auch der Erzählton ist ein etwas anderer. Wobei in den ulkigen Geschichten Trondheims, auch wenn er die Zeichnungen mal von anderen fertigen lässt, eigentlich immer Melancholie mitschwingt.

Auf der Suche nach dem Ausgang

Das war schon bei Herrn Hase so, einer Art Antwort eines Zeitalters der Ängste und Unsicherheiten auf den Cartoon-Hasen Bugs Bunny, der mit seiner geckenhaften Frechheit den Zeitgeist einer ganz anderen Epoche konserviert. Herr Hase hat in vielen Alben ganz alltägliche, also auch harmlose Begegnungen. Aber wer genauer hinschaut, erkennt Unzufriedenheit und Ratlosigkeit in vielen Gesichtern. Immer wieder wirken die Figuren, als sei ihre Welt ein Labyrinth, aus dem sie gerne einen Ausgang in schönere Räume fänden.

Den knappen Stil hat Brigitte Findakly anlässlich von „Mohnblumen aus dem Irak“ einmal schön beschrieben: „Es macht deine Lebensgeschichte nicht interessanter oder bewegender, wenn du dir beim Erzählen die Seele auskotzt. Es macht nur ein größeres Schlamassel daraus. Manchmal schafft Zurückhaltung mehr Raum für das Mitgefühl der Leser.“

Termin: Lewis Trondheim und Brigitte Findakly kommen am 22. Juni 2019 um 19.30 in die Stadtbibliothek am Mailänder Platz. Den Abend moderiert Stefan Dinter.