Freiburg - Johannes Henle: Diese konstruierten Gegensätze zwischen Badenern und Schwaben sind sehr einseitig: Die Badener haben etwas gegen die Württemberger. Ich habe noch keinen Württemberger getroffen,

 

der irgendetwas Schlechtes über Badener gesagt hat. Ganz im Gegenteil! Die Württemberger finden die Badener ganz nett und sympathisch, weil die ja auch ein ganz tolles Land um sich rum haben, wo einem die Tomaten und die Trauben in den Mund wachsen, das ist im Schwäbischen nicht so. Da muss man sich ein bisschen mehr plagen. Ich glaube ja, dass die Badener diese Gegensätze gerne pflegen, damit sie was haben, wo sie ein bisschen sticheln können. Das ist aber nicht wirklich ernst gemeint! Die Badener sind ja immer schon ein bisschen Revoluzzer gewesen: 1848 hat das angefangen, da wollten sie dem Grafen an den Kragen gehen. Bei den Schwaben war das anders, die haben sich immer vertragen mit dem Souverän, da mag ein gewisser Unterschied da sein.

Ruth Henle: Ich finde, du übertreibst ziemlich. Du stellst die Badener ziemlich daneben dar und die Württemberger lobst du übern Klee. Dabei seid ihr vom Charakter her derber als wir. Eure Ausdrücke sind derber, obwohl ihr das gar nicht so meint. Am Anfang unserer Beziehung war ich manchmal tödlichst beleidigt, wenn du etwas Grobes gesagt hast! Aber wir Badener sind auch ein bisschen von uns eingenommen. Das hängt mit der Umgebung zusammen, mit der Kultur, wir genießen das Leben mehr. Als wir im Württembergischen gelebt haben (bei Heilbronn), da hab ich gemerkt, dass die Leute ein bisschen engstirniger sind als hier. Es muss immer alles ordentlich sein und das gesellige Leben wird ein bisschen hintenan gestellt. Das wird alles sehr offiziell gehalten, da wird eingeladen, und ein Schwätzchen zwischendurch, das gibt es weniger.

Er: Das stimmt!

Sie: Und hier, wenn man in einer Gastwirtschaft fragt, ob man sich an einem Tisch dazu setzten kann, geht das. Und dann hat man gleich ein nettes Gespräch. Das ist was Besonderes fürs Rheinland, glaube ich. Aber ich habe ja die Badener und die Württemberger in der Familie vereint, jetzt fast schon vierzig Jahre. Wir haben uns damals im baden-württembergischen Grenzland kennengelernt!

der irgendetwas Schlechtes über Badener gesagt hat. Ganz im Gegenteil! Die Württemberger finden die Badener ganz nett und sympathisch, weil die ja auch ein ganz tolles Land um sich rum haben, wo einem die Tomaten und die Trauben in den Mund wachsen, das ist im Schwäbischen nicht so. Da muss man sich ein bisschen mehr plagen. Ich glaube ja, dass die Badener diese Gegensätze gerne pflegen, damit sie was haben, wo sie ein bisschen sticheln können. Das ist aber nicht wirklich ernst gemeint! Die Badener sind ja immer schon ein bisschen Revoluzzer gewesen: 1848 hat das angefangen, da wollten sie dem Grafen an den Kragen gehen. Bei den Schwaben war das anders, die haben sich immer vertragen mit dem Souverän, da mag ein gewisser Unterschied da sein.

Ruth Henle: Ich finde, du übertreibst ziemlich. Du stellst die Badener ziemlich daneben dar und die Württemberger lobst du übern Klee. Dabei seid ihr vom Charakter her derber als wir. Eure Ausdrücke sind derber, obwohl ihr das gar nicht so meint. Am Anfang unserer Beziehung war ich manchmal tödlichst beleidigt, wenn du etwas Grobes gesagt hast! Aber wir Badener sind auch ein bisschen von uns eingenommen. Das hängt mit der Umgebung zusammen, mit der Kultur, wir genießen das Leben mehr. Als wir im Württembergischen gelebt haben (bei Heilbronn), da hab ich gemerkt, dass die Leute ein bisschen engstirniger sind als hier. Es muss immer alles ordentlich sein und das gesellige Leben wird ein bisschen hintenan gestellt. Das wird alles sehr offiziell gehalten, da wird eingeladen, und ein Schwätzchen zwischendurch, das gibt es weniger.

Er: Das stimmt!

Sie: Und hier, wenn man in einer Gastwirtschaft fragt, ob man sich an einem Tisch dazu setzten kann, geht das. Und dann hat man gleich ein nettes Gespräch. Das ist was Besonderes fürs Rheinland, glaube ich. Aber ich habe ja die Badener und die Württemberger in der Familie vereint, jetzt fast schon vierzig Jahre. Wir haben uns damals im baden-württembergischen Grenzland kennengelernt!

Er: Und dein Onkel hat damals zu mir gesagt: ein Schwabe in der Familie ist in Ordnung.

Sie: Und seit fünf Jahren sind wir wieder in meinem Heimatland und dir gefällt es sehr gut. Dass die Badener was gegen die Schwaben hätten stimmt nicht. Das wird nur so dahingestellt.

Er: Das wird aber gepflegt.

Sie: Ja, ich hab das noch nicht mitbekommen. Du vielleicht, in deinen Kreisen…

Er: Ja, ständig! Man muss nur mal ins Fußballstadion gehen, wenn Stuttgart spielt- da geht’s rund!

Im September wird Hochzeit gefeiert

Das Internet verbindet Baden und Württemberg. „Wir hätten nicht damit gerechnet, dass sich im Netz etwas Ernsthaftes ergeben könnte“, sagt

Melanie Büttner. „Es ging dann aber ganz schnell“, erzählt Fabian Müller weiter. Vor zwei Jahren haben sich die beiden online bei einer Partnerbörse kennen gelernt, am nächsten Abend haben sie sich zum ersten Mal getroffen – auf dem Parkplatz eines Schnell Restaurants. Heute wohnen sie gemeinsam in Böblingen, und am 8. September ist Hochzeit. „Seit 60 Jahren sind vereint: Die Badner und die Schwaben“, haben die beiden in ihre Einladung gedichtet. „Wir wolln in diesem Jubeljahr nun unsre Hochzeit haben.“ Melanie Büttner stammt aus dem württembergischen Neckartailfingen, ihr Zukünftiger kam der Arbeit wegen aus Zell am Harmersbach nach Schwaben.

Melanie Büttner ist 26 Jahre alt, Fabian Müller hat vor wenigen Tagen ebenfalls seinen 26. Geburtstag gefeiert. Leute in diesem Alter dürften anderes im Kopf haben, als dass Baden-Württemberg dieses Jahr 60-jähriges Jubiläum feiert. Als der Brautvater neulich davon erzählt hat, hat sich das Paar gedacht: Ach, das passt ja. Standesamtlich trauen sich die zwei in Baden, und in Württemberg vor Gott. So kommt zusammen, was zusammengehört.

Patchwork auf Baden-Württembergisch

Weissach im Tal - Der Badener ist schwäbisch geworden. Früher, als Bernd Fleischer noch in Freiburg gelebt hat, da ist er gern flaniert, hat hier ein

Käffchen getrunken, dort ein Schwätzchen gehalten – eben die badische Leichtigkeit genossen. Es ist nicht so, dass ihm diese Dinge heute völlig abgehen, doch er hat sich verändert. Er schätzt jetzt die schwäbische Verlässlichkeit. „Ein Freiburger in meinem Alter kann alles“, sagt er mit einem Augenzwinkern. „Er sagt: Ja klar, mache ich dir, aber es passiert nie.“

Während er das sagt, sitzt Bernd Fleischer neben seiner Frau Sibylle Forster auf der gemeinsamen Terrasse in Weissach im Tal. Dieses Jahr ist ein besonderes Jahr, das Ehepaar hat gemeinsam mit Baden-Württemberg Geburtstag. In den Sommerferien laden sie zu ihrem Sechzigsten. Es ist nicht das erste Mal, dass sie zusammen mit dem Bundesland feiern, vor zehn Jahren, als Baden-Württemberg 50 geworden ist, haben Sibylle Forster und Bernd Fleischer geheiratet. Für beide war die Hochzeit die zweite. Und beide haben jeweils einen Sohn und eine Tochter aus erster Ehe. So geht Patchwork-Familie auf Baden-württembergisch.

Zwei badische Schwestern heiraten zwei schwäbische Brüder

Kunzweiler-Nowak: Stefan, 39 und Josefine, 32 mit Nils / Sybille, 34, und Martin, 38 mit Paul und Hannes (von links). Beide Familien wohnen in Rheinhausen, bei Freiburg.

Rheinhausen - Martin Kunzweiler-Nowak: Sybille und ich haben uns zuerst kennengelernt. Die Verbindung zu Freiburg und zum Badischen war aber schon länger da: Stefan hat hier studiert und ich bin auch ganz früh hierher

gezogen. Sybille und ich haben uns auf einer Party in der Region kennengelernt, sind zusammengekommen und auch relativ schnell zusammen gezogen. Josefine und Stephan haben sich dann schon gekannt, aber die waren beide damals mit jemand anderem zusammen. Ein Jahr später sind wir alle zusammen wieder zur gleichen Party gegangen und zwischen den beiden hat’s auch gefunkt. 2006 haben Sybille und ich dann geheiratet und den Paul bekommen, ein Jahr später haben Josefine und Stephan Hochzeit gefeiert.

Stephan Kunzweiler-Nowak: Also ich würde das Ganze sachlicher zusammenfassen: Martin und ich stammen aus dem Schwäbischen, aus Öschelbronn, das ist eine Gemeinde mit 3000 Einwohnern nicht weit von Tübingen und sind beide über Freiburg ins Badische gekommen. Und alles Weitere hat sich aufgrund irgendwelcher Tanzveranstaltungen ergeben. So sind wir vom Dorf über einen Umweg wieder ins Dorf gekommen, nach Rheinhausen. Ich bemerke abgesehen vom Dialekt keine wirklichen Unterschiede zwischen Badenern und Württembergern. Wobei – wenn unsere Eltern aufeinanderprallen, sieht man das manchmal schon.

Josefine Kunzweiler-Nowak: Ihre Mutter ist eine richtig schwäbische Hausfrau! Mit allem was dazu gehört. Da ist es die Frau, die kocht und putzt und die Wäsche macht, und die Hemden müssen immer gebügelt sein ...

Stephan: wobei das nicht heißt, dass das im Elternhaus der beiden Damen anders ist. Aber unsere Mutter ist schon ein echt schwäbisches Urgestein. Aber bei uns beiden ist das nicht wirklich ausgeprägt-

Josefine: Na ja, das stimmt nicht so ganz. Man merkt den beiden die gute Erziehung an. Die können auch super den Haushalt schmeißen. Mein Mann bügelt zum Beispiel und staubsaugen tun beide gerne. Die schwäbische Gründlichkeit, die haben sie schon in sich drin.

Sybille Kunzweiler-Nowak: Unsere Mama ist ja auch Hausfrau, aber die ist irgendwie ein bisschen entspannter. Unsere Familie lebt schon seit Generationen in Rheinhausen, und daher wird in unserem weiteren Familienkreis das Badnertum schon gepflegt, da haben wir das schon mitgekommen. Zumindest kann jeder das Badner Lied auswendig singen! Und Genussmenschen sind wir beide auch.

Martin: Ja, das stimmt. Und Familienfeiern sind viel extremer, als mein Bruder und ich das gewohnt sind. Viel Essen, Wein, genießen . . .

Sybille: Unsere Mutter hat sich aber an die beiden angepasst, ganz oft gibt es jetzt Spätzle zu essen!

Josefine: Dass nur die Schwaben schaffig sind, stimmt übrigens gar nicht. Wir sind zwei junge Familien, die beide schon ein Haus gebaut haben und wir sind alle vier berufstätig.

Martin: Es war von Anfang an klar, dass wir versuchen zusammen zu bleiben. Jetzt wohnen wir nur eine Straße voneinander entfernt. Es ist nämlich schon eine besondere Sache mit unserer Konstellation, ich mit meinem Bruder und die beiden Schwestern.

Sybille: Das stimmt, die Schwester ist auch gleichzeitig die beste Freundin und der Bruder der beste Freund. Wir haben ein ganz enges Verhältnis und ergänzen uns mit unseren Unterschieden in der Gruppe ganz gut.

Alle: Zum Glück!

Geschimpft wird auf badisch

Ravensburg - Sigrid stammt aus Waldshut, Eduard Roth aus Aulendorf. Kennen gelernt haben wir uns 1968 während des Studiums in Freiburg. 1973 wurde geheiratet, wir haben drei Kinder. Von Seiten der Familien gab es keine Probleme, weder auf der badischen

noch auf der schwäbischen Seite. Da es bei uns nicht üblich ist, aus der landsmannschaftlichen Zugehörigkeit irgendwelche Besonderheiten herauszulesen, hatten wir in unserer schwäbisch-badischen „Cohabitation“ auch nie Schwierigkeiten, kleine Neckereien sind dabei nicht ausgeschlossen. Wenn die Dame des Hauses schimpft, dann kann ihr schon mal ein „Sauschwob“ herausrutschen, er gibt dann zurück, sie komme halt aus dem Hotzenwald. Dass sie für den SC Freiburg ist und er für den VfB, versteht sich ja von selbst. Und nach fast 40 Jahren Ehe wissen wir auch, dass der badische Dickkopf dem schwäbischen Dickschädel in nichts nachsteht!

Fest an der Frittenbude

Waiblingen - Wenn die Bayers an die Frittenbude in Waiblingen laden, ist das stets zu einem besonderen Anlass. Eigentlich wollte er, Siegfried Bayer,

seiner Badenerin schon bei ihrer Vermählung eine Currywurst am Imbissstand spendieren. „Diese üblichen Hochzeitsfeiern waren nicht so mein Thema“, sagt er. Damals hat er sich nicht durchgesetzt, aber immerhin bei der Silberhochzeit. 40 bis 50 Gäste tummelten sich damals an den Stehtischen. Und jetzt im März wieder, denn Renate und Siegfried Bayer hatten 40. Hochzeitstag.

Der 64-Jährige ist ein Schwabe durch und durch, seine 62-jährige Frau stammt aus dem badischen Karlsruhe. „Am Anfang war das schon herb“, sagt er. Er bringt der badischen Familie gern Brezeln mit, aber da gibt es einen, der das Schwabengebäck hartnäckig verweigert. „Das Gute ist: Unsere Töchter sind zweisprachig aufgewachsen“, sagt Siegfried Bayer. Die eine Mischlingstochter hat vergangenes Jahr sogar einen Badener geheiratet. „Da hat es ihr geholfen, dass sie eine badische Mutter hat“, sagt Renate Bayer. Und die zieht es immer wieder in die Heimat. Ihr Standardgeschenk für Freunde: eine Stadtführung in Karlsruhe. Fragt sich, wer sich darüber am meisten freut.

In der Küche spürt man den Unterschied

Frank Weiler-Steigleder: Ich bin in Heidelberg mit einem kultivierten Schwabenhass aufgewachsen. Das ging so weit, dass man es gar nicht laut sagen durfte, wenn man Verwandtschaft im Schwäbischen hatte. Ich habe damals auch geglaubt, dass an den ganzen Klischees was dran sein muss. Das hat sich schnell geändert, als ich in Freiburg dann auf einmal mit ganz vielen Schwaben zu tun hatte.

Thomas Weiler-Steigleder: Ich hab in Freiburg aber auch allerhand erlebt:

Als ich vor 25 Jahren hierher kam, war ich richtig entsetzt, als ich aus dem nichts angefeindet wurde. Auf dem Markt zum Beispiel wurde ich angeschnauzt, ich soll doch bitte meinen schwäbischen Geiz überwinden und die Möhren kiloweise kaufen. Ich kannte das von Zuhause überhaupt nicht, dass man sich über einen anderen Landesteil lustig macht.

Frank: Da hat sich inzwischen schon was verändert. Die Globalisierung macht schließlich auch nicht vor Baden-Württemberg halt.

Thomas: Mein Gedanke damals war halt: Meine Güte, wenn man in einem kleinen Bundesland schon so miteinander umgeht, wie geht das dann mit Europa weiter.

Frank: Ob die Unterschiede in unserer Beziehung wirklich auf unsere verschiedene Herkunft zurückzuführen sind? Keine Ahnung. Thomas ist jemand der vernünftig haushält, lange im Voraus plant und jede Investition abwägt. Ich entscheide nicht so vernünftig, ich gönne uns öfter auch mal was.

Thomas: in der Küche merkt man es auf alle Fälle: Ich bin ein Teigwarenfanatiker und Frank eher der Kartoffeltyp.

Ein Umzug mit Folgen

Tamm - Im Heimatort von Johann Peter Hebel bin ich ganz in der alemannischen Sprache aufgewachsen. Wir sind wegen Vaters Arbeit ins „Schwobeland“ umgezogen. Die Fußballmannschaft meines Arbeitgebers

spielte gegen den CVJM Asperg und ich ging als Zuschauerin mit. In dieser Gruppe spielte ein junger Mann mit. Es war Liebe auf den ersten Blick und zwei Jahre später habe ich den Schwaben geheiratet und habe gleich schwäbisch kochen gelernt. Zwischen der badischen und der württembergischen Verwandtschaft wurde gerne (im Spaß) gespöttelt. Wir sind jetzt seit 43 Jahren glücklich verheiratet und ich bin gerne im „Schwobeland“ und lese dort gerne Hebel-Gedichte vor. Zu meinem 65. Geburtstag hat mit der Posaunenchor, in dem mein Mann mitspielt, das Badner-Lied gespielt. Das ist doch gute Baden-Württemberg-Harmonie!

Karin und Walter Keller aus Tamm. Die beiden haben uns noch ein Gedicht von Johann Peter Hebel mitgeschickt:

Trost

„Bald denki, ‚s isch e bösi Zit,

und weger’s End isch nümme wit;

bald denki wider: loß es goh,

wenn’s gnueg isch, wird’s scho anderst cho.

Doch wenni näumen ane gang

und ‚s tönt mer Lied und Vogelsang,

so meini fast, i hör e Stimm:

»Bis zfriede! ‚s isch jo nit so schlimm.“

Die Liebe ging durch den Magen

Monika Waldhecker: Mich hat es schon immer in den Süden gezogen. Im Schwäbischen war mir das Klima zu rau und die Menschen zu verstockt. In dem kleinen Dorf, aus dem ich stamme, schauen sich die Leute gegenseitig auf die Finger. Man hat das Leben dort nicht genossen, sondern immer nur gearbeitet. Nicht so wie hier in Baden, wo man mittags mal hinsitzt und schwätzt und ab und zu ein Gläschen Wein zusammen trinkt. Zu meiner Kindheit kannte man das überhaupt nicht. Ich bin schon früh viel gereist, das haben die Leute im Dorf nicht verstanden. „Du verreist ja dein ganzes Geld!“, hat es geheißen. „Das brauchst du doch für deine Aussteuer!“ Dabei wusste ich gar nicht, ob ich überhaupt heiraten wollte.

Thomas Waldhecker: Das war ganz auffällig damals: Die jungen Männer haben nach der Lehre angefangen, ein Haus zu bauen, obwohl sie noch

nicht mal eine Freundin hatten. Jedes Wochenende haben sie dann daran gearbeitet: Fleißig sind die schon, die Schwaben. In dem Dorf, in dem Monika aufgewachsen ist, waren die Leute noch lange sehr konservativ. Ich war am Sonntag der einzige Mann, der in der Kirche links, bei den Frauen, neben meiner Frau stand. Und die haben sich gegenseitig auf die Wäscheständer geschaut! Ob da nicht ein Dessous hängt oder ob die viel oder wenig waschen. Ich kannte so etwas von Zuhause gar nicht!

Sie: Da hat sich für mich schon eine neue Welt aufgetan, als ich hierher kam.

Er: Mein Vater war Koch und dann haben die zwei zusammen gekocht. Sachen, die meine Frau nicht kannte, zum Beispiel Rehrücken auf Badener Art oder Fischgalantine.

Sie: Er hat mich in die feine badische Küche eingewiesen, wir haben tagelang in der Küche gestanden und gekocht wie die Weltmeister!

Er: Manchmal in drei Küchen gleichzeitig, einer das Fleisch, einer das Gemüse, einer die Nachspeise, und dann haben wir alles zusammengetragen

Sie: Was haben wir für Gelage gehabt!

Er: Ab und zu haben wir schon gescherzt über die Schwaben ...

Sie: Als ich hergezogen bin, hat mein Schwiegervater gleich das badische Wappen an die Hauswand gehängt. „Dass du weißt, wo du hinkommst!“ hat er gesagt. Ins Badnerland!

Lebendiges Souvenir

Backnang - „Die Alternativen, die ich ihr angeboten habe, waren schlicht und ergreifend: USA oder Backnang“, sagt Eberhard Krumm. Über den großen Teich wollte seine Bettina damals nicht, also ist das Paar von Baden ins Schwäbische gezogen. Für den heute 51-Jährigen war es eine Heimkehr nach sechs jobbedingten Jahren in Karlsruhe, für sie ein Neuanfang in der Fremde. Bettina Krumm,44, ist nämlich mit Leib und Seele Badenerin.

Beide stammen aus Handwerkerdynastien. Bettina Krumms Familie hat sich der Bäckerei verschrieben, seine dem Karosseriebau. Als das Paar eine

eigene Familie gründete, hat er den Betrieb vom Vater übernommen. Und der ist nun mal im württembergischen Backnang. Sein Vater, der langjährige Innungsmeister, erzählt Eberhard Krumm, war ein wahrer Integrierer. „Er initiierte die badisch-schwäbische Fusion des Landesverbands.“ Sein Sohn hat sich die Völkerverständigung in gewisser Weise abgeguckt – und sich mit einem Badener Mädel zusammengetan. Bettina Krumm war die Tochter seines badischen Vermieters.