Buchhändler Christoph Schneckenaichner witterte in den 1990er Jahren hinter der Lindenstraße das große Geschäft für Fanartikel. Was davon blieb ist die Ernüchterung und ein Kaffeebecher.
Stuttgart - Der Traum von der eigenen Firma hatte für den Buchhändler Christoph Schneckenaichner einen bekannten Namen: Die Lindenstraße. Leider ist die Fernseh-Soap auch das Synonym für eine Pleite geworden. Somit ist der Kaffeebecher mit dem Schriftzug die mahnende Erinnerung an eine Lektion. Auch Menschen, die professionell mit Literatur zu schaffen haben, lesen in ihrer Freizeit nicht ausschließlich konkrete Poesie oder James Joyce. Und so kam es, dass Schneckenaichner Anfang der 90er Jahre „total euphorisiert“ war von der Seifenoper. Er witterte ein Geschäft und stieg in den Handel mit Lindenstraßen-Postkarten ein. Dazu musste er einen Kredit aufnehmen, um die Rechte beim Sender zu kaufen. Da aber kam schon die erste Hürde. „Der WDR wollte, dass ich 48 Motive drucken lasse. Den Verantwortlichen war wichtig, dass alle Darsteller abgebildet werden “, erinnert er sich. Tatsächlich war dann aber nur Mutter Beimer als Postkarte sehr beliebt, den Hausmeister wollte keiner.
Die Lieferung war ein Schock
Weil er gleich ganz groß ins Geschäft einsteigen wollte, ließ er die stolze Zahl von 240 000 Karten drucken. Als die Spedition mit der Lieferung an der Haustür klingelte, war er erst starr vor Schreck: Wohin damit in einer Wohnung im dritten Stock? „Ich machte mir schon Sorgen um die Statik der Decke.“ Weniger wurden sie auch nicht, denn der Verkaufserfolg war äußerst bescheidenen. „Einige Käufer wollten Prozente, weil sie um ein paar Ecken mit einem der Darsteller verwandt sind“, erzählt er. Heute kann er darüber lachen. Die Karten kosteten eine Mark pro Stück. Die Tasse besiegelte den Endpunkt seiner Geschäftsidee, denn zum großen Fest anlässlich der 1000. Folge fuhr er mit seinen Karten nach Köln. „Ich dachte, dass ich da richtig gut verkaufe, weil ja die ganzen Fans kommen.“ Dem war nicht so. Schneckenaichner hatte bei der Rückfahrt fast genauso viele Karten wie vorher - und zusätzlich die Jubiläumstasse im Gepäck. Weil die Lizenz für Mutter Beimer und Co. nur zwei Jahre gültig war, landete seine Geschäftsidee danach im wahrsten Sinne des Wortes portionsweise im Altpapier.