In der Musikhochschule steht die älteste spielbare Orgel Stuttgarts. Musikprofessor Jörg Halubek schätzt ihre Besonderheiten. Nur durch einen Zufall gibt es das Instrument noch.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Als Professor für historische Tasteninstrumente geht Jörg Halubek das Herz auf beim Klang der historischen Barockorgel, die ihren Platz in der Musikhochschule hat. Ihr Weg dorthin war verschlungen, und um Haaresbreite wäre das Kleinod aus dem späten 18. Jahrhundert auf dem Schrott gelandet. Der Orgelbauer und Restaurator Gerald Woehl hatte sie in Venedig entdeckt. „Sie stand in einer Kirche, die abgerissen wurde“, weiß Halubek. Das stattliche Instrument wurde der Musikhochschule angeboten, als sie vor rund 20 Jahren ihren Neubau in der Urbanstraße bezog. „Sie ist jetzt die älteste spielbare Orgel in Stuttgart“ – aber nicht nur das bringt Halubek ins Schwärmen, sondern ihre charakteristischen Eigenschaften, die sie von modernen Orgeln unterscheidet: Da wäre der Klang, der sich an den Belcanto-Gesang anlehnt. „Das ist das größte Kompliment, wenn ein Instrument klingt wie eine menschliche Stimme“, sagt der Musiker. „Mich hat der Klang alter Instrumente immer fasziniert, denn sie erzählen etwas über die Zeit, aus der die Musik stammt, die ich spiele.“

 

Für Bach fehlen die Tasten

Bei einer Reise durch Sachsen hatte er auf Orgeln mehrerer Kirchen dasselbe Stück von Bach gespielt: „In jeder Kirche klingt es anders. Jedes Instrument ist ein Unikat.“ Bach jedoch lässt sich auf der Barockorgel nicht spielen, denn ihr Manual ist zu kurz – das heißt: Sie hat zu wenig Tasten. Für ihre liturgische Funktion jedoch reichten ihre zehn Töne aus. Die Organisten übrigens, die über die Jahrhunderte auf ihr spielten, hinterließen ihre Signaturen am Instrument, als Graffiti.