Der Bauernhof von Loretta Pettis Familie ist heute eine Ruine in der Nähe von Montepulciano. Übrig geblieben ist nur die Kaffeetasse und die Erinnerung an ein besonderes Frühstücksritual.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Gerstenkaffee für die Großen, Milch für die Kleinen – und das in den großen weißen Tassen mit dem feinen, blumigen Goldrand. So war es bei Loretta Petti zu Hause im Chiana-Tal zwischen Montepulciano und Cortona. Die 15-köpfige Großfamilie gehörte zu den sogenannten Mezzadri. Das heißt, sie hatten keinen eigenen landwirtschaftlichen Besitz, sondern mussten die Hälfte aller Erträge an den Grundbesitzer abgeben. „Das war ein System aus dem Mittelalter“, erklärt Loretta, die mit ihrem Lokal und ihren Veranstaltungen eine Institution im Stuttgarter Süden ist. Die Lebensverhältnisse waren bescheiden, und im Zuge des Wirtschaftsbooms in den 1960er Jahren verließ auch ihre Familie das Tal, und der Vater fand Arbeit in der Industrie.

 

Brot und Wein – zu ungewohnter Tageszeit

„Der Hof ist heute eine Ruine, und ich würde ihn gerne retten“, sagt sie lachend. Nur drei Kaffeetassen hat sie von damals gerettet. „Eine ging kaputt, eine hat einen Sprung, und nur eine einzige ist noch unbeschädigt, trotz der vielen Umzüge.“ Die bewahrt Loretta in einer Vitrine auf, damit ihr nichts passiert. „Ich habe als Kind ab und zu Gerstenkaffee daraus getrunken“, erinnert sie sich – und an noch etwas: In der Bauernfamilie wurde in der Frühe mit der Arbeit begonnen. Gefrühstückt wurde gegen 10 Uhr, und dazu gab es Wein: „Man aß deftige Sachen wie Zwiebeln und Bohnen.“ Und für die Kinder gab es ein Stück Brot, getränkt mit Rotwein und darauf eine gute Portion Zucker. „Das hat geschmeckt“, schwärmt die passionierte Köchin.