Ein Kunstwerk von Erik Sturm, in dem er ein Stück Mooswand, einen Löffel Feinstaub und ein Spielzeugauto zusammenbringt, ist für den Leiter des Stadtpalais Torben Giese von philosophischer Bedeutung.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - In Torben Gieses Büro herrscht immer Frischluftalarm. Das liegt an dem signierten Objekt, das ihm der Künstler Erik Sturm vor genau einem Jahr geschenkt hat: ein Karton mit zwei Schraubdeckelgläsern. In einem ist ein Stück der Mooswand vom Neckartor, im anderen sind gut zwei Teelöffel Feinstaub – und dazu hat der Künstler einen blauen Mercedes-Sportwagen im Miniaturformat gepackt. Für die Gläser hat Giese eine Gebrauchsanweisung erhalten: Das Moos hin und wieder mit Stuttgarter Regenwasser beträufeln. Den Feinstaub mit auf Reisen nehmen – gegen das Heimweh.

 

Diskussion um die Werte

„Ich bin extrem empfänglich für inhaltliche Dinge“, charakterisiert sich der Direktor des Stadtpalais selbst, und gerade deshalb fasziniert ihn der Inhalt des Kartons, der auf seinem Schreibtisch steht: „Der ist jetzt gerade so aktuell wie nie. Und er ist nicht moralisierend, sondern fordert zur Auseinadersetzung mit sich selbst auf.“ Für den Historiker Giese steckt in den Gläsern nicht nur jeweils ein Stück Stuttgart, sondern auch ein Stück Weltsicht: „Wir selbst sind es, die die Zukunft ändern!“, postuliert er. Nicht die Gerichte oder die EU träfen die Entscheidungen, sondern die Gesellschaft müsse wissen, wohin sie will. Welche Werte sind mir persönlich wichtig, welche würde ich opfern? „Glaube ich an die Kraft an der Mooswand? Macht mich Feinstaub krank? Will ich meine Fahrgewohnheiten ändern?“ Und die Abwägung von Werten müsse fortwährend hinterfragt werden. „Davon lebt jede Demokratie.“ Somit ist der Inhalt des handlichen Kunstobjekts für Giese von geradezu philosophischer Bedeutung.