Der Zuffenhausener Autobauer Porsche kämpft mit langen Lieferzeiten. Der hohe Preis bremst Geländewagen mit Hybridantrieb.

Stuttgart - Klaus Zellmers Zwischenbilanz kann sich sehen lassen. "In den ersten fünf Monaten dieses Jahres haben wir bei den Verkäufen einen Zuwachs von 46 Prozent auf 6547 Autos erreicht", berichtet der Deutschland-Vertriebschef von Porsche im Gespräch mit der Stuttgarter Zeitung. Damit hat die Nobelmarke deutlich stärker beschleunigt als der Gesamtmarkt.

 

Mit Abstand bestes Pferd im Stall ist der Geländewagen Cayenne, dessen zweite Generation vor einem Jahr gestartet ist. "Mit mehr als 3000 von Januar bis Mai verkauften Cayenne liegen wir hervorragend", meint Zellmer. Es könnten allerdings noch deutlich mehr sein, wenn Porsche so viele Autos produzieren könnte wie bestellt werden. Die Kunden brauchen viel Geduld. "Es gibt durchaus Porsche-Zentren, die heute als Liefertermin erst März 2012 anbieten können", bedauert Zellmer, dem klar ist, dass nicht jeder Kunde so lange warten will. Dies gilt besonders für Kunden mit auslaufenden Leasingverträgen, die ihren Wagen zurückgeben müssen und Ersatzbedarf haben. Der Engpass dabei sind die Kapazitäten im Porsche-Werk Leipzig sowie im VW-Werk in Bratislava, wo der größte Teil der Fertigungsschritte bei der Produktion des Cayenne stattfindet.

Insgesamt ist Zellmer zufrieden

Auch beim Panamera gibt es nach Angaben des Deutschland-Vertriebschefs längere Lieferzeiten. Allerdings seien sie bei weitem nicht so gravierend wie beim Cayenne. Besonders stark sei die Nachfrage nach der Anfang Mai eingeführten Dieselvariante des Panamera. Die Auslieferungen dieses mit einem Selbstzünder ausgestatteten viertürigen Sportcoupés beginnen im Juli/August. Wer heute einen Panamera mit Dieselmotor bestelle, so Zellmer, könne seinen Wagen frühestens im Spätherbst in Empfang nehmen.

Beim Geländewagen Cayenne ist seinen Angaben zufolge mittlerweile jeder zweite Wagen mit einem Dieselmotor ausgestattet, den der frühere Porsche-Chef Wendelin Wiedeking lange Zeit vehement ablehnte, weil er angeblich nicht zum Image der Marke passe. Recht bescheiden ist heute noch die Nachfrage nach dem Cayenne mit Hybridantrieb, der in Deutschland in dieser Baureihe einen Anteil von sechs bis sieben Prozent erreicht, was der Vertriebschef nicht zuletzt auf den hohen Preis zurückführt. Der Cayenne mit Hybridantrieb kostet rund 20.000 Euro mehr als ein Wagen mit Dieselmotor. Bei dem seit kurzem verfügbaren Panamera mit Hybridantrieb deuten die ersten Bestellungen nach Angaben des Porsche-Managers auf eine größere Nachfrage hin, obwohl der Preisabstand noch größer ist als beim Cayenne. Der Panamera, dessen Hybridantrieb weiter entwickelt ist als beim Cayenne, kostet rund 25.000 Euro mehr als ein Wagen mit Diesel.

Insgesamt zeigt sich Zellmer sehr zufrieden mit der bisherigen Absatzentwicklung des Panamera, der nicht gerade die besten Startbedingungen hatte. Denn als der Zuffenhausener Autobauer 2009 zunächst mit den Achtzylindervarianten dieser vierten Baureihe startete, steckte die Wirtschaft in der Krise. Mittlerweile hat Porsche das Panamera-Angebot um die kleineren Sechszylindervarianten sowie den Diesel und seit kurzem auch um eine Variante mit Hybridantrieb erweitert. "Wir haben mit der anziehenden Konjunktur wunderbar Marktanteile gewinnen können und gewinnen die Herzen von BMW- und Mercedes-Fahrern, die etwas sportlicher unterwegs sein wollen", resümiert Zellmer.

Der Boxter ist auf der letzten Etappe seines Lebenszyklus

Mittlerweile habe der Panamera bei den Premiumlimousinen einen Marktanteil von 14 Prozent in Deutschland erobert. Als wichtigste Wettbewerber sieht der Porsche-Manager neben der S-Klasse von Mercedes-Benz den Audi A8 und die Top-Modelle im Limousinen-Segment beispielsweise aus dem Hause BMW oder Maserati.

Anders als der Cayenne und der Panamera befinden sich die aktuellen Modellgenerationen der Porsche-Sportwagen 911, Boxster und Cayman auf der letzten Etappe ihres Lebenszyklus.

Porsche hat beim 911er versucht, mit Sondermodellen zusätzliche Begehrlichkeiten zu wecken. So wurde etwa unter dem Namen "black edition" ein Sondermodell auf den Markt gebracht, das zum Preis des Basismodells etliche Extras ohne Aufpreis bietet. Mittlerweile gibt es den 911er in mehr als zwanzig Varianten. Die Sondermodelle kommen nach Angaben des Deutschland-Vertriebschefs gut an. Der 911er werde vor dem Generationswechsel noch einmal einen Endspurt hinlegen, sagt Zellmer voraus. Weltweit will Porsche in diesem Jahr erstmals die Absatzmarke von 100.000 Autos knacken. Auch in Deutschland könnte ein neuer Bestwert erreicht werden. Die 13.200 Kundenauslieferungen von 2010 sollen auf jeden Fall übertroffen werden. "Wir werden sicher eines der besten Geschäftsjahre bei Porsche Deutschland verzeichnen. Ob es das beste wird? - schaun wir mal", meint Zellmer.

Viel Erfahrung mit dem Autovertrieb im In- und Ausland

Geschäftsführer: Klaus Zellmer ist seit August vergangenen Jahres Geschäftsführer der Porsche Deutschland GmbH in Bietigheim-Bissingen, die für den Vertrieb in Deutschland zuständig ist. Der 43-Jährige ist Nachfolger von Bernhard Maier, der zum Vertriebs- und Marketingvorstand des Stuttgarter Autobauers aufgestiegen ist.

Stuttgarter: Der gebürtige Stuttgarter Zellmer hat bei Professor Willi Diez an der Fachhochschule Nürtingen/Geislingen studiert. Der Betriebswirt war damals einer der ersten Studenten mit dem Schwerpunkt Automobilwirtschaft und war auch am Aufbau des Instituts für Automobilwirtschaft (IfA) in Geislingen beteiligt, das von Diez geleitet wird.

Vorstandsassistent: Bei Porsche ist Zellmer als Assistent des damaligen Vertriebsvorstands Hans Riedel eingestiegen. In Paris war er später für die Händlernetzentwicklung in Frankreich verantwortlich, in der Porsche-Vertriebszentrale kümmerte er sich um den US-Markt. Anfang 2007 wurde Zellmer Marketingleiter bei Porsche Deutschland.