Die Stuttgarter Industrie- und Handelskammer will beim Lieferverkehr zusammen mit der Stadt Verbesserungen für Betriebe und Bürger erreichen. Die Kammer setzt dabei auch auf den neuen Oberbürgermeister Fritz Kuhn.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Die Verhältnisse sind vertraut: auf den Hauptachsen bilden sich lange Staus, in denen viele Transportfahrzeuge stecken; Paketdienste, die an viel befahrenen Straßen in der zweiten Reihe halten; Lieferfahrzeuge, die selbst über 11 Uhr hinaus in den Fußgängerzonen Geschäfte bedienen. „Die Lage ist prekär“, sagt Andreas Richter, der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart, über die Situation des Wirtschaftsverkehrs in der Stadt.

 

Die Verkehrsmisere im Talkessel ist bei der IHK seit langem ein Thema. Vor dem Amtsantritt des neuen grünen OB Fritz Kuhn macht die Kammer einen Vorstoß für Verbesserungen im Wirtschaftsverkehr der Stadt. So fordert der IHK-Hauptgeschäftsführer „die Anpassung der Lieferzeitfenster in den Fußgängerzonen an die Bedürfnisse der Handels- und Dienstleistungsbetriebe“.

Kammer fordert einen „Beauftragten für Wirtschaftsverkehr“

Um in der Sache Erfolge zu haben, solle die Stadt einen „Beauftragten für den Wirtschaftsverkehr“ benennen und ein „Güterverkehrsgremium“ einrichten, die für die Kommunalpolitik Vorschläge erarbeiten könnten, sagt Richter. „Wir setzen darauf, dass es mit dem neuen OB Fritz Kuhn hier einen Schub nach vorne gibt.“

Der gewerbliche Verkehr hat in Stuttgart einen Anteil von 25 bis 30 Prozent. Das hat die Karlsruher PTV Group, ein Beratungsunternehmen für Verkehr und Logistik, für die IHK ermittelt. Die Logistikexperten sind der Auffassung, dass wegen Interessenkonflikten – etwa beim Thema Lieferzeitfenster – nur ein intensiver Dialog von Politik, Verwaltung und Wirtschaft zu Lösungen führen werde. So könnten auch innovative Belieferungskonzepte entwickelt werden, etwa dass die Stadt den Firmen Plätze für „mobile Depots“ zur Verfügung stellt, von denen aus die Waren zu Fuß, mit Lastenfahrrädern oder kleinen Elektrofahrzeugen verteilt werden.

Verkehrsleitzentrale soll mehr Daten zur Verfügung stellen

Die Karlsruher Berater halten es für geboten, dass die Stadt den Firmen über die Verkehrsleitzentrale mehr Verkehrsdaten zur Verfügung stellt, damit diese ihr Handeln und ihre Tourenplanung verbessern könnten. Grundsätzlich sollte das Thema Lieferverkehr in der Stadtplanung stärker bedacht werden, zum Beispiel die Platzierung von Lieferzonen. „Urbanes Leben funktioniert nur mit dem Wirtschaftsverkehr“, sagt Rainer Schwarzmann von PTV. Als Beispiel nennt Andreas Richter den „Shared space“ in der Tübinger Straße, wo jetzt alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt sind. „Es wäre schön, wenn bei solchen Planungen auch der Wirtschaftsverkehr berücksichtigt würde.“

Auch die Unternehmen müssten sich beweglich zeigen bei der Gestaltung von Lieferkonzepten. Nur so sei eine höhere Akzeptanz des Wirtschaftsverkehrs bei den Bürgern zu erreichen. Die alles sei nur zu schaffen durch ein in der Region abgestimmtes Verkehrskonzept, das es noch nicht gebe, sagt Andreas Richter. Auch hier setzt die IHK auf Fritz Kuhn. Wie er ihn kenne, wolle Kuhn „nicht nur die Stadt, sondern auch die Region weiterbringen“.