An der Parteispitze stehen die Zeichen auf Kontinuität. In der Linksfraktion werden erste Weichen für einen Wechsel gestellt, von dem aber noch keiner weiß, wann er stattfindet.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Bei ihrem Aufstieg an die Parteispitze hätten wenige Linke darauf gewettet, dass die Sächsin Katja Kipping und der Schwabe Bernd Riexinger die Grabenkämpfe zwischen den Lafontaine-Anhängern im Westen und den Reformpolitikern aus dem Osten befrieden können und sich damit recht schnell als unangefochtenes Duo an der Spitze der Linkspartei etablieren würden. Aus der erbitterten Schlammschlacht um die Parteiführung vor zwei Jahren gingen die beiden als Überraschungssieger hervor.

 

Damals galten sie als blass und als Notlösung. Davon ist in der Partei heute keine Rede mehr. Dass Kipping und Riexinger gemeinsam mit dem Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn zur Wiederwahl antreten, was sie dem Parteivorstand jetzt mitgeteilt haben, hat deshalb kaum jemanden in der Linken überrascht. Überraschend ist allenfalls, wie stark die beiden Parteichefs sich mit ihrem moderierenden, auf den Ausgleich zwischen den Strömungen bedachten Führungsstil durchgesetzt haben.

Ausgleichskurs befriedet die Flügelkämpfe der Linken

Zwar ist der Flügelstreit innerhalb der Linken nicht beendet, wie zuletzt die wochenlange Debatte über die Haltung zur EU oder die in den eigenen Reihen umstrittene Position gegenüber Russland in der Ukraine-Krise belegt. Dass Katja Kipping und Bernd Riexinger diese innerparteilichen Auseinandersetzungen nicht durch klare Vorgaben steuern oder rasch beenden, trägt ihnen von außen den Vorwurf ein, sie seien führungsschwach. Nach innen aber trägt die Strategie Früchte; schon lange drohte die Linke nicht mehr über inhaltliche Fragen an den Rand der Spaltung zu geraten, weil der eine oder andere Flügel sich in der Gefahr wähnte, vom jeweils anderen untergebuttert zu werden.

Bis zum Parteitag Mitte Mai ist es zwar noch eine Weile hin. Aber mit ernsthaften Gegenkandidaturen müssen die beiden Parteichefs nicht rechnen. Die wichtigste personalpolitische Frage des Parteitags wird sein, wer Vizeparteichefin Sahra Wagenknecht beerbt. Sie gibt das Parteiamt auf und will sich, wie sie jetzt erklärte, auf ihre Rolle in der Bundestagsfraktion konzentrieren.

Fraktionsführung verordnet sich neue Arbeitsteilung

Während in der Partei die Zeichen eher auf Kontinuität stehen, werden in der Bundestagsfraktion die ersten Weichen für einen Wechsel gestellt, von dem allerdings noch niemand weiß, wann er genau stattfinden wird. Erkennbar ist aber, dass der Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi, mit Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch – den beiden herausgehobenen Vizes unter seinen insgesamt acht Stellvertretern – eine neue Arbeitsteilung pflegt. Hatte Gysi bis vor kurzem noch den Alleinvertretungsanspruch in allen wichtigen Fraktionsangelegenheiten, so wechselt er sich in den sitzungswöchentlichen Pressekonferenzen nun mit Bartsch und Wagenknecht ab. Die beiden Flügelvertreter – Bartsch als pragmatischer Ost-Reformer und Wagenknecht als Aushängeschild der kommunistischen Strömung – gelten als sein Wunschgespann für eine Doppelspitze, wenn sich dann die Frage nach seiner Nachfolge stellt. Gregor Gysi ist für zwei Jahre als Fraktionschef gewählt; intern soll er schon mal durchblicken lassen haben, dass er den Job in der Mitte der Legislaturperiode abgeben könnte. Aber ob es tatsächlich so kommt, gilt in der Linken als offen.

Erkennbar ist aber, dass Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch, die sich zeitweise erbittert bekämpft haben, ernst machen mit der Kooperation untereinander. Unterdessen haben beide ein gemeinsames Strategiepapier über die Ausrichtung der Fraktion vorgelegt. Das wäre noch vor kurzem undenkbar gewesen.