Wem gehört die Stadt? Die Gruppe „Solidarität und Klassenkampf“ hat ein Video veröffentlicht, in dem zu sehen ist, wie in Stuttgart-Mitte Stahlschwellen von Begrenzungssteinen entfernt werden.

Sie kamen in der Nacht zum Montag – und sie waren schnell. Mindestens fünf Personen, so zeigt es ein am Dienstag auf dem Internet-Portal Instagram veröffentlichtes Video der Aktivisten-Gruppe „Solidarität_Klassenkampf“, haben die Stahl-Schwellen auf den Steinblöcken vor dem vor allem durch das Restaurant Amici bekannte Gebäude Lautenschlagerstraße 2, vormals Sitz des Bankhauses Bauer, in Stuttgart-Mitte abmontiert.

 

Aktion fällt nicht weiter auf

Was für Passanten aussehen musste wie eine kurzfristig eingerichtete Baustelle, war tatsächlich Sachbeschädigung. Aus Sicht der Aktivisten aber war das Abmontieren der Eisen-Schwellen „Widerstand“. Groß aufgefallen war die Aktion bis Dienstagabend allerdings nicht. Man habe erst durch die Anfrage unserer Zeitung davon erfahren, teilte die Stadt mit. Weiter Stellung nehmen könne man aber nicht – das betroffene Areal ist Privatgelände.

Die Sachbeschädigung ist unstrittig. Aber warum diese Aktion? Der zentrale Satz der Aktivisten heißt: „Kriminell ist das System, nicht der Widerstand gegen die herrschenden Zustände!“ Mehr Hinweise bringt dieser Satz: „Die Eisen-Schienen sollten verhindern, dass sich wohnungslose Menschen dort ausruhen oder übernachten.“ Und so endet der Aktivisten-Clip mit dem sinnbildlichen Ausrollen einer Schlafunterlage auf dem geglätteten Steinblock.

Offenbar richtete sich die Aktion grundsätzlich gegen die seit den späten 1990er Jahren international viel genutzte wie auch zunehmend viel diskutierte „Defensive Architektur“. Bei dieser wird der öffentliche Raum bewusst so gestaltet, dass längere Aufenthalte unmöglich werden. Das Ziel war und ist ein größeres Sicherheitsgefühl zu erzeugen und die Vermüllung zu stoppen. Die Debatte um die „defensive Architektur“ wird seit bereits 20 Jahren geführt, forciert auch durch die internationale Gegenwartskunst. Inzwischen informieren sogar Nachrichtensendungen für Kinder über die „defensive Architektur“.

Mehr Aufenthalt möglich?

Auch die Stadt Stuttgart hat für ihre Räume reagiert. Man wolle „ausreichend Flächen für öffentliche Nutzungen vielfältiger Art zu sichern“ heißt es in einer Information zum Thema „Lebenswerte Stadt“ – und setze auf ein „ausreichendes öffentliches Sitzplatzangebot, ohne den Zwang zu konsumieren“.

In der ersten Version stand irrtümlich im Vorspann, dass die Gruppe, die das Video veröffentlicht hat, die Aktion auch durchgeführt hat. Dem widersprechen die Aktivisten auf Instagram.