Linkspartei-Chef Bernd Riexinger hatte Irritationen ausgelöst, nun stellt der Stuttgarter klar: Die Linke werde Rot-Grün als Minderheitsregierung nicht unterstützen.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Ja, was denn nun? Will die Linkspartei nach der Wahl notfalls doch eine Minderheitsregierung von SPD und Grünen stützen, falls diese weiterhin eine Koalition ablehnen? Das will sie nicht, stellt Parteichef Bernd Riexinger nun klar. Die Führung der Linken in Vorstand und Fraktion sei gegen eine Tolerierung von Rot-Grün. „Da gibt es in der Sache keine Differenz“, sagte er der StZ. Man habe dazu keinen formalen Beschluss gefasst, doch dies sei auch nicht notwendig. „Es reicht aus, wenn wir diese Position verfestigen.“ Offenbar wollen die Genossen nicht, wie einst in Nordrhein-Westfalen, in eine Falle treten. Da hat sich Hannelore Kraft (SPD) erst zur Regierungschefin wählen und zwei Jahre tolerieren lassen, um dann den Bruch zu provozieren und aus dem Amt heraus wiedergewählt zu werden – so sieht es zumindest die Linkspartei.

 

Die jüngsten Irritationen hatte Riexinger selbst ausgelöst, als er ein Zeitungszitat freigab, wonach er „ausdrücklich keine Option ausschließt“, wenn es nach dem 22. September eine Mehrheit gegen Merkel gebe. „Dann entscheiden bei uns keine Animositäten und keine Formalitäten, nur die Inhalte“, hatte er gesagt. Fraktionschef Gregor Gysi hielt sofort dagegen: Die Unterstützung einer Minderheitsregierung von SPD und Grünen sei verantwortungslos. Nachdem Riexinger und seine Cochefin die Partei ohnehin gegenüber Rot-Grün geöffnet hatten, sah es nun so aus, als sei der Stuttgarter in seinem Pragmatismus wieder eingefangen worden.

Oppermann fühlt sich an Stalking erinnert

Nun fühlt sich Riexinger „überinterpretiert“. Tatsächlich habe er das „völlig inhaltlich“ gemeint, weil die Positionen von Linkspartei und SPD vielfach übereinstimmten, wie der Gewerkschaftsbund in seinem Wahlaufruf festgestellt habe. Wenn der DGB das so sehe, sei das doch eine Aufforderung für Rot-Rot-Grün, eine Mehrheit links von der Mitte zu nutzen.

Was die SPD-Spitze will, ist klar: Es soll keinerlei Zusammenarbeit mit den Genossen geben. Der Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, fühlt sich angesichts „der Avancen der Linkspartei langsam an Stalking erinnert“. Riexinger nennt die „Abgrenzerei“ der SPD „kindisch“. Entgegen der Darstellung der Parteiführung würden sich „weite Kreise der SPD“ mit einer Zusammenarbeit auseinandersetzen, stellt er fest.

Einzug in den Bundestag scheint sicher

Alle Meinungsforscher sagen der Linken den sicheren Einzug in den Bundestag voraus – zwei Institute sehen die Genossen gar bei zehn Prozent. Möglicherweise gibt der Syrienkonflikt der Linkspartei schon Auftrieb, weil sie in der Friedensfrage die klarste Position hat, derweil der schwankenden SPD das Thema sichtlich unangenehm ist. Die Grünen hingegen „sind fast schon die größten Militaristen“, giftet Riexinger. Es sei erstaunlich, dass die „ehemalige Friedenspartei“ in dieser Frage „keinen grundsätzlichen Standpunkt“ mehr habe. Es dürfe, so fügt er hinzu, aber nicht der Eindruck entstehen, als wolle man die erschreckende Situation für Wahlkampfzwecke nutzen. „Wir werden kein Syrien-Plakat machen“, betont der Vorsitzende.

In jedem Fall könnte es dem Führungsduo gerade schlechter ergehen. Schon der Dresdner Parteitag ist weitgehend gut für Riexinger und Kipping verlaufen. Seither kann man – was bisher nicht so klar war – davon ausgehen, dass sie nach ihrer ersten zweijährigen Amtszeit 2014 wieder antreten. Aus heutiger Sicht scheint sie niemand daran hindern zu wollen. Auf seinen früheren Verdi-Posten in Stuttgart kehrt Riexinger demnach nicht mehr zurück.