Bei der Live-Nacht in Waiblingen bespielen sechs verschiedene Bands und Musiker fünf Locations in der Kernstadt. Nicht nur Einheimische werden von den Klängen angelockt, sondern auch eine muntere katholische Frauengruppe aus Bühl.

Die kleine Reisegruppe aus dem Badischen war gut drauf. Wegen der Live-Nacht waren die sieben Frauen aus Bühl bei Baden-Baden nach Waiblingen gekommen, mit dem Plan, sich die Samstagnacht musikalisch um die Ohren zu schlagen. Das klappte nur beinahe. Denn die Badenerinnen waren nicht die Einzigen, die mit Bändchen an den Handgelenken von Kneipe zu Kneipe zogen, was mancherorts drinnen zu Enge und Gedränge führte.

 

Anfang Oktober leuchteten Waiblingens Fachwerkfassaden in vielen Farben. Zum Ausklang des Monats spielte die Musik. Das Motto klang auch für badische Ohren verlockend: „Eine Stadt, eine Nacht – überall Livemusik“. Das musikalische Angebot hörte sich ebenfalls gut an: Reggae und Soul, französische Chansons und italienische Balladen, Schlager und Pop, handgemachter Rock sowie karibische Klänge und Salsa – sechs völlig unterschiedliche Konzerte in einer Nacht, in fünf verschiedenen Gaststätten und Kneipen, vom Beinsteiner Tor bis zum Alten Postplatz. Alles fußläufig und sinnigerweise am schnellsten über die Kurze Straße erreichbar, und alles mit nur einer Eintrittskarte. „Außerdem habe ich mir Fotos von der schönen Waiblinger Altstadt im Internet angeschaut“, sagte Sevim Schölzel von der badischen Damenriege.

Badenerinnen landen im Schwäbischen

In der in Frauengruppe der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschland aus Bühl-Altschweier sei es üblich, an runden Geburtstagen innerhalb der aktuellen und der ehemaligen Vorstandschaft gemeinsam einen Zweitagesausflug zu unternehmen, nun seien sie im Schwäbischen gelandet, sagte Sevim Schölzel. „So sind wir also in Waiblingen und feiern einen Sechzigsten und einen Siebzigsten hier. Es ist eine tolle Stadt.“ Und sie seien positiv überrascht, dass die Live-Nacht-Besucherinnen und -Besucher „überwiegend in unserem Alter sind“.

Ihre musikalische Stadttour hatten sie im Wirtshaus am Alten Postplatz gestartet, das unweit ihres Hotels liegt. Und die Besucherinnen aus Baden waren begeistert. Zum einen von John Noville, dem Barden aus Barbados, der schon lange im Remstal lebt, und seiner Band. „Wir haben getanzt“, sagte Renate Anselm mit einem seligen Lächeln im Gesicht. Aber auch die kombinierte Rabatt- und Spendenaktion des Waiblinger Wirts Matthias Hönes – mit allen Speisen zum Einheitspreis von 6,90 Euro plus einer freiwilligen Spende für drei Hilfsorganisationen – kam bei den katholischen Frauen an. „Das ist eine super Sache, wir haben dort gegessen, es war sehr lecker, und natürlich haben wir auch was gespendet“, sagte Renate Anselm.

Die Frauen hatten sich im Wirtshaus wohlgefühlt, aber sie wollten ihre Konzerttour durchziehen. Die nächstgelegene Station war die Brasserie Sonne, wo sogar auf zwei Etagen die Musik spielte. Im Restaurant sorgte Sänger Robin Henderson, sonst Frontmann beim Hofbräu Regiment, mit Pop, Schlagern und Hits zum Mitsingen für gute Stimmung. Im Gewölbekeller darunter tanzte das Publikum zu karibischem Sound mit sphärischem Technotouch der Band Sauvage. Bei Sänger Henderson, der 2007 bei der Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“, kurz DSDS, auftrat und 2019 beim „Supertalent“, gefiel es der Frauengruppe besser als unten im Keller, aber auf beiden Stockwerken war es ihnen zu voll.

Also machten sich die Badenerinnen bald wieder auf, ein wenig unsicher, weil ortsunkundig. Aber in der fortgeschrittenen Abendstunde zwängten sich keine Besuchermassen mehr durch die Altstadtgassen, der Weg von der Sonne zu Bobby’s Irish Pub war für sie nicht zu verfehlen. Es wurde ein Blitzbesuch. In der urigen Kneipe, wo die Formation Live Rocking Five mit Rock und Rhythm and Blues einheizte, herrschte Gedränge bei hohen Temperaturen. In der Cactus Lounge ein paar Häuser weiter machte Sänger Maurice zum Bedauern der Gäste gerade eine kleine Pause. „Im Zweifelsfall gehen wir halt wieder ins Wirtshaus am Alten Postplatz zurück“, sagte Sevim Schölzel, und ihre Begleiterinnen nickten zustimmend.

Flotter Rockabilly-Sound

Den Badenerinnen blieb aber noch der kurze Fußmarsch durch das Beinsteiner Tor und über die Rems zum Fidels Fritz, und der Weg lohnte sich. Zum einen, weil sie dort sogar einen Tisch bekamen, an dem alle sieben Frauen Platz fanden, und zum anderen, weil ihnen der flotte Rockabilly-Sound gefiel, den The Ponycars dort spielten. Also verschoben die Gäste den Besuch bei John Noville auf später. Zeit blieb genug, der Konzertabend mit Livemusik in Waiblingen ging bis 1 Uhr.

Während die Live-Nacht-Neulinge aus Baden rundum zufrieden waren, waren die Besucher kritischer, die alle Jahre wieder kommen. Die drei Freundinnen, eine aus der Kernstadt, eine aus dem Stadtteil Beinstein und eine aus Winnenden, sind fast immer dabei, wenn in der Stauferstadt die Musik spielt. „Es waren schon mal mehr Kneipen dabei, aber dafür kostet es jetzt mehr“, sagte die Waiblingerin. Auch die Musik konnte sie nicht überall begeistern. „Die Band im Gewölbekeller in der Sonne war gut, aber die Italiener, die im vergangenen Jahr dort gespielt haben, haben mir besser gefallen. Wir gehen in den Cactus, der Sänger dort soll auch Lieder von Eros Ramazzotti singen.“