Internetfähige Computer taugen längst als Ersatz fürs TV-Gerät. Weil ARD und ZDF entweder gar keinen oder einen nur lückenhaften Livestream anbieten, kriegen Nutzer ohne Fernsehgerät aber nicht das volle Programm – obwohl sie inzwischen voll zahlen.
Stuttgart - Seit die Rundfunkgebühren nicht mehr geräteabhängig erhoben werden und Rundfunkbeitrag heißen, ist die Unterscheidung zwischen Radio- und Vollnutzern weggefallen. Auch wer kein Fernsehgerät hat, muss voll zahlen, denn: „Wer Informationen oder Unterhaltung sucht, kann Fernsehen auf dem PC schauen oder Radio mit dem Smartphone hören.“ So steht es auf der Website rundfunkbeitrag.de, auf der die Umstellung erklärt wird. Betroffen sind unter anderem jene 3,4 Prozent der deutschen Haushalte, die laut Statistischem Bundesamt kein Fernsehgerät im Haus haben.
Rein technisch ist die Aussage auf der von ARD, ZDF und Deutschlandradio gemeinschaftlich betriebenen Internetseite richtig: Dank der von allen drei Anstalten bereitgestellten Mediatheken lassen sich viele Beiträge bis zu sieben Tage nach ihrer Ausstrahlung mit jedem internetfähigen Gerät abrufen, zudem gibt es die Möglichkeit, Programm live via Internet zu übertragen – Livestream nennt sich dieses Angebot.
Theorie und Praxis
Was in der Theorie möglich ist, erweist sich mit der täglichen Praxis der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbieter als nicht deckungsgleich. Innerhalb der ARD-Senderfamilie sind lediglich zwei von fünf deutschlandweit ausgerichteten Sendern durchgängig via Livestream zu empfangen. Unter den dritten Programmen hält etwa der Bayerische Rundfunk ein solches Angebot bereit, der SWR aber nicht. Die „Digitalkanäle“ Eins Plus und Eins Festival gibt es höchstens bei wenigen besonderen Anlässen im Livestream; auf der Website von Eins Festival wird zudem für einen kommerziellen Anbieter geworben: „Bei Zattoo könnt ihr Eins Festival innerhalb Deutschlands auch im Internet sehen. Natürlich ebenfalls kostenlos.“ Der Hinweis, dass man für die Gratisvariante dieses Dienstes zu jeder Tages- und Nachtzeit Werbespots angezeigt bekommt, fehlt. Nach Auskunft einer ARD-Sprecherin wird zur Zeit jedoch „intensiv geprüft“, ob sich das SWR Fernsehen, 3Sat und Eins Plus via Livestream ins Netz übertragen lassen.
Falls man eine durchgängige Verfügbarkeit eines von den gebührenfinanzierten Sendern selbst betriebenen Livestreams als berechtigten Anspruch der Gebührenzahler betrachtet, müssen also mehrere öffentlich-rechtliche Sender nachbessern. „Bei der Umsetzung eines durchgehenden Livestreams sind zahlreiche Faktoren zu berücksichtigen, rechtliche, organisatorische – vor allem aber auch wirtschaftliche“, heißt es in einer E-Mail-Antwort der ARD-Pressestelle. Auf StZ-Nachfrage konkretisiert eine Sprecherin diese Position: Etwa bei den nicht per Stream empfangbaren Digitalkanälen Eins Festival oder Eins Plus sei es „von der Politik gewünscht, dass wir wenig Geld ausgeben“. Und, das betont die Sprecherin, der ganze Aufwand müsse sich ja auch rechnen.