Lizzi Greiner aus Stuttgart-Heumaden Eine Pionierin an der Pfeife

1968 war Lizzi Greiner eine der ersten Handball-Schiedsrichterinnen weit und breit. Heute ist die Frau aus Stuttgart-Heumaden 80 Jahre alt – und trainiert immer noch junge Sportlerinnen.
Heumaden - Anfang Januar liegen unter Lizzi Greiners Weihnachtsbaum noch jede Menge Geschenke. Und nicht nur hier. Im Wohnzimmer steht auf einem Stuhl eine große Klappbox. Sie ist bis oben voll mit Präsenten, und auch die prächtige Orchidee auf dem Fensterbrett zur Straße hin ist ein Geschenk gewesen. Vor ein paar Wochen hat die Heumadenerin ihren 80. Geburtstag gefeiert, doch den Ehrentag hat’s ihr leider verhagelt, „aber wie“.
Im Handball gilt Lizzi Greiner als Koryphäe
So viele Gratulanten, so viele Menschen haben angerufen, doch vor lauter Aufregung konnte Lizzi Greiner das alles kaum würdigen. Nur einen Tag später ging es nämlich ins Krankenhaus. Eine Operation am Rücken. Mittlerweile klappt es wieder ganz gut mit dem Bewegen, und die Seniorin ist sich sicher: Ihre gute körperliche Konstitution hat geholfen, rasch wieder auf die Beine zu kommen.
Trotz ihres stattlichen Alters ist Lizzi Greiner eine Sportskanone. Sie geht gern radeln und klettern. Unterm dicken Winterpullover versteckt sich ein drahtiger Körper. Im Handball gilt Lizzi Greiner als Koryphäe. 50 Jahre lang, bis 2018, hat sie als Schiedsrichterin Handball-Spiele gepfiffen. Im Jahre 1968 hatte sie ihre Lizenz erworben – seinerzeit als erste Frau im Bezirk Enz-Murr und eine der ersten in ganz Württemberg, erzählt sie.
Den Sport im TSV Heumaden geprägt
Als Frau im damaligen Männersport habe sie sich mehr beweisen müssen. „Am Anfang haben sie gedacht, sie können mit mir Halligalli machen, bis es die erste Gelbe Karte gab“, sagt sie und lacht. Lizzi Greiner, die Wert darauf legt, eine getaufte Lizzi zu sein und keine verkürzte Elisabeth, ist eine mit Biss. Mit dieser Einstellung hat sie auch den Sport im TSV Heumaden geprägt. 1980 hat sie die Handball-Abteilung aus der Taufe gehoben.
In Heumaden kennt man Lizzi Greiner. Knapp zwei Jahrzehnte hat sie an der Schule im Langen Morgen Hauswirtschaft und Sport unterrichtet. Bis heute trainiert sie die weibliche E-Jugend der SG Heumaden-Sillenbuch. Weil es ihre Leidenschaft ist und weil sie es auch braucht. Daheim rumhocken und keine Aufgabe haben, das geht nicht. „Das ist auch für den Kopf wichtig“, betont sie. Lizzi Greiner ist eine Ur-Stuttgarterin und eine Ur-Schwäbin. Eine, die nicht lang schwätzt, sondern lieber was schafft. Wer in der Nachbarschaft im Garten Probleme mit Läusen oder dem Buchsbaumzünsler hat oder einen Baum absägen will, kommt zur burschikosen Seniorin mit dem Kurzhaarschnitt. „Im Gärtle grubeln“ ist ihr Hobby. „Das hat mir immer Spaß gemacht“, sagt sie, daher habe sie auch Lehrgänge besucht.
Die Familie ist damals zu siebt eingezogen
In der Nachkriegszeit haben die Eltern in Stuttgart-Heumaden gebaut. „Ich habe auch geholfen“, berichtet sie. Seinerzeit ist die Familie zu siebt eingezogen: Großeltern, Eltern, die junge Lizzi und ihre beiden Brüder. Heute hält sie allein die Stellung. Auf einem Schränkchen direkt am Eingang stehen ein Schwarz-Weiß-Foto ihrer Oma sowie ein Bild ihrer Eltern. Unzählige Postkarten aus aller Herren Länder schmücken eine Wand. Manche sind schon verblichen. Die Mutter hat sie damals gesammelt und aufgehängt, erzählt sie. 25 Jahre hat die Tochter sie bis zu ihrem Tod gepflegt.
Corona setzt Lizzi Greiner zu. Die Pandemie verdammt sie zum Nichtstun. Denn der Sportbetrieb ruht bekanntlich. Und dann auch noch diese blöde Rücken-OP. „Im Augenblick kann ich den Nachbarn grad nix helfen“, sagt sie. Doch eine Lizzi Greiner lässt sich nicht entmutigen.
Jeden Tag geht sie spazieren, und die Spaziergänge werden immer länger, erzählt sie und klingt stolz. „Ich könnte auch Training wieder machen“, betont sie. Jetzt müssen nur bald die Turnhallen öffnen, und dann ist Lizzi Greiner wieder da, wo sie hingehört. Am Spielfeldrand bei ihren Mädle. „Es ist das, was ich vermisse.“
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