Vieles ist in Corona-Starre. Doch auf dem Schulbauernhof der Diakonie der Brüdergemeinde Korntal bricht sich das Leben seine Bahn.

Aktion „Lichtblicke“ - Sie sind die Stars des Hofes: Die Zwillingsbrüder Waldemar und Walentin, zwei lebhafte rostbraune Kälber, die – obwohl erst wenige Wochen alt – gerne Kopf an Kopf miteinander raufend ihre Kräfte messen. Derzeit teilen sie sich mit Mutter Waldtraut die Box im Stall des Schulbauernhofes Zukunftsfelder. Der ist eine Einrichtung der Diakonie der evangelischen Brüdergemeinde Korntal.

 

Dass Waldemar und Walentin zudem ausgerechnet an Heiligabend zur Welt kamen, wertet Landwirt Andreas Abrell als besonderes Zeichen der Hoffnung in einer Zeit, die in vielen Bereichen angehalten wurde. „Auf dem Schulbauernhof geht es immer weiter. Einen Lockdown kennt die Natur nicht“, sagt er. „Unsere Sau ferkelt Anfang Februar, die Ziegen kriegen ihren Nachwuchs auch im Februar, und im März sind die Schafe mit ihren Lämmern dran.“

Auch auf der Wiese neben dem Hof der Diakonie der Brüdergemeinde, die jedes Jahr über die LKZ-Hilfsaktion „Lichtblicke“ gefördert wird, ist viel los: Hier wuselt eine aufgeregte Schar von 300 Hühnern laut gackernd rund um ihren mobilen Stall. Die Eier des frei laufenden Federviehs sind bei den Kunden des Hofladens sehr begehrt. In einem bunt bemalten Bauwagen vor dem Stall können saisonale Produkte erstanden werden – solange der Vorrat des Hofes reicht.

Regionale Produkte stehen hoch im Kurs

Landwirtin Kathrin Abrell räumt gerade frisch eingetroffene Packungen mit Mehl aus der Tonmühle Ditzingen ins Regal. Es ist das einzige Produkt im Laden, das nicht auf dem Hof hergestellt wird. „Ansonsten bieten wir je nach Jahreszeit Gemüse, Kartoffeln, Zwiebeln und Lauch an, dazu Sahne von der Milch unserer Kühe und dienstags gibt es frisches Holzofenbrot. Es gibt Trauben- und Apfelsaft von unserer Obstwiese, und nach den Schlachtungen kann auf Bestellung Fleisch von Schweinen, Ziegen, Schafen und Rindern gekauft werden. Eben das, was Stall und Feld so hergeben“, zählt die Landwirtin auf. Und natürlich Eier.

Die Produkte aus eigener Herstellung sind schon immer beliebt gewesen, doch die Pandemie sorgte für zusätzliche Nachfrage. Dieser kann besser nachgekommen werden – aber darüber freut man sich auf dem Hof nicht –, weil von heute auf morgen die Schulklassen wegbleiben mussten und damit viele hungrige Esser wegfielen. Die Lebensmittel waren trotzdem da.

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Die jüngste Fahne einer Schule, die zusammen mit vielen anderen im Stall hängt, ist vom Herbst 2020 datiert. Die Klassen bemalen diese Stoffstücke, um sie dann feierlich am Bug des nach dem biblischen Vorbild der Arche gestalteten Stalls zu hissen. Die Fahne ist das Zeichen ihrer Anwesenheit auf dem Hof. Nach den ersten Lockerungen im Sommer konnten zwei Ferienfreizeiten für Kinder stattfinden, die vom CVJM bei der Stadtranderholung in Korntal angeboten wurden. Vor den Herbstferien gab es ein Tagesprogramm, „der Schulbauernhof im Schnelldurchgang sozusagen“, sagt Andreas Abrell. Dieses konnte viermal stattfinden, bis zum erneuten Lockdown.

„Ganz still steht der Hof aber nie“, berichtet er. Ein Vorteil ist auch die Zugehörigkeit des Schulbauernhofs zur Diakonie der Brüdergemeinde Korntal. Soweit möglich schauen die Kinder und Jugendlichen der Johannes-Kullen-Schule und der Kindergärten vorbei. Sie helfen, die Tiere zu versorgen. Die Mitarbeiter des Hofs, die ohne die Schulklassen ohne Beschäftigung blieben, helfen in den Kindergärten oder im Altenzentrum der Diakonie aus. Stall und Feld versorgt ein kleineres Team aus festen Mitarbeitern und drei Freiwilligen des ökologischen Jahrs.

Sofort auf Normalbetrieb umstellen

„Wenn das Kultusministerium entscheidet, dass der Schullandheimbetrieb weitergeht, geht auch bei uns der Regelbetrieb los“, sagt Andreas Abrell. Der Hof, auf dem Klassen mit bis zu 40 Schülern und vier Lehrkräften in einem eigenen Gebäude mit Blick auf die Arche und ihre Außen-Stallungen leben können, sei ausgebucht, man könne sofort auf Normalbetrieb umstellen, schildert der 48-Jährige.

Doch weil das Hauptanliegen, den Schülern das Wunder der Schöpfung näher zu bringen, indem sie selbst eine Woche lang auf dem Hof mitarbeiten, derzeit nicht umzusetzen ist, fehlt auch rund die Hälfte der Einnahmen des Schulbauernhofs. Die andere Hälfte des Budgets kommt von Spendern und vom Träger der Einrichtung. Staatliche Förderungen gibt es so gut wie keine.

Durch den geringeren Personaleinsatz konnte die Finanzlücke etwas kompensiert werden. „Ein gutes Gefühl ist, dass unsere Spender sich sehr mit dem Anliegen des Hofs identifizieren und uns in dieser Ausnahmesituation treu geblieben sind“, sagt Andreas Abrell.

Im Jahr 2020 sollte groß gefeiert werden – der zehnte Geburtstag des Schulbauernhofs. Corona machte hier ebenso einen Strich durch die Rechnung wie durch den beliebten Weihnachtsgottesdienst bei den Tieren im Stall. Während die Hoffeier im Jahr 2022 nachgeholt werden soll, wurde die Stallweihnacht der Brüdergemeinde kurzerhand zwischen Ziegen, Schweinen und Kühen aufgezeichnet und an Heiligabend in der Gemeinde-Mediathek gezeigt.

„Der Wechsel der Jahreszeiten, Saat und Ernte gehen weiter und lassen sich auch von einem Virus nicht reinreden“, sagt Andreas Abrell. Und spätestens, wenn eines Tages eine neue Fahne am Bug der Arche wehen wird, wird das ein weithin sichtbares Zeichen dafür sein, dass endlich eine neue Zeit begonnen hat.