Sommergspräch:
FDP-Sprecher Dieter Maurmaier über Chancen eines Tunnels, die Wohnungsnot, lahmende Projekte und den OB.

Leonberg - Für die Autofahrer ist es Alltag: Im Glemstal geht’s nur einspurig voran. Das wird noch lange so bleiben. Für den FDP-Stadtrat Dieter Maurmaier Grund genug, das Sommergespräch zwischen Warnbarken und Abhang zu führen.

 

Herr Professor Maurmaier, vorbeifahrende Autos, entsprechender Lärm, ein holpriger Untergrund: Es gibt wahrlich schönere Plätze für ein Sommergespräch.

Genau das ist nötig, um die untragbare Situation auf der Straße im Glemstal zwischen dem Haldengebiet und Höfingen plastisch darzustellen. Seit zwei Jahren ist diese wichtige Strecke, die Leonberg mit Teilen des Strohgäus verbindet, nur einspurig befahrbar Dieser Zustand wird noch mehr als zwei Jahre andauern.

Woher wissen Sie das?

Ich hatte unlängst mit unserem Bundestagsabgeordneten Florian Toncar einen Termin beim für den Straßenbau zuständigen Regierungspräsidium. Dort hieß es, dass die Instandsetzung frühestens im Herbst des kommenden Jahres beginnen werde. Natürlich ist die Sanierung der Straße durch die Hanglage nicht einfach. Aber ich hatte den Eindruck, dass es noch nicht einmal konkrete Pläne hierfür gibt.

Wie ist das zu erklären?

Diese Passivität ist nicht zu erklären: Man weiß, dass dringend etwas geschehen muss. Aber es passiert nichts.

Ist allein das Regierungspräsidium schuld?

Nicht nur. Ich hatte mich vor einem viertel Jahr bei der Stadt nach dem Fortgang erkundigt. Eine Antwort habe ich bis heute nicht bekommen. Die Stadt müsste viel stärker nachbohren.

Ist das das einzige Thema, bei dem es stockt?

Im Gegenteil: Es ist ein besonders krasses Beispiel für mehrere Projekte, die einfach nicht in die Gänge kommen. Sei es jetzt der Lückenschluss bei Renningen, wofür natürlich die Stadt Leonberg nichts kann, die schlechte Ampelschaltung an der Kreuzung Feuerbacher Straße/Strohgäustraße, das zehn Jahre alte Thema Radweg in der Römerstraße oder die Probleme auf dem Wertstoffhof. Überall hört man nichts.

Viel hört man über das Parkhaus-Altstadt.

Die Schwierigkeiten hier haben tatsächlich ausschließlich die Stadtwerke verursacht. Schon seit Jahren sprechen wir über verbesserte Zugänge, ohne dass etwas geschehen ist. Aber blicken wir positiv nach vorne: Für ein Parkleitsystem bekommen wir einen Zuschuss von fast 500 000 Euro aus Berlin. Damit können wir die Erreichbarkeit der Parkhäuser stark verbessern.

Aber die Verkehrsprobleme nicht lösen . . .

Sind die Autobahnen voll, können wir mit Ampeln an den Stadteinfahrten die Durchfahrt für den Ausweichverkehr erschweren.

Ist es akzeptabel, dass die Stadt eine offizielle Umleitungsstrecke für die Autobahn ist?

Im Moment sehe ich die Alternative nicht. Deshalb wird es Staus im Zentrum immer geben. Das lösen wir auch nicht mit einer Art Ersatzautobahn einschließlich langem Tunnel, der an der Stadt vorbeiführt.

Ist das Tunnel-Thema völlig obsolet?

Um den Verkehr aus der Innenstadt herauszubekommen, müssen wir durchaus über einen Tunnel nachdenken. Beim Altstadttunnel hat man vor 15 Jahren aber zu Ende gedacht und stattdessen alle Pläne in die Schublade getan . Passiert ist nichts.

Und jetzt?

Wir brauchen eine Umfahrung der Grabenstraße. Ein Tunnel ist schon ein richtiger Ansatz, aber mit anderen Ausgängen. Der Bahnhof könnte unterfahren werden.

Ist das machbar?

In Norwegen gibt es sogar Kreisverkehre in Tunneln. Wir müssen mehrere Varianten untersuchen. Genau das will der Oberbürgermeister ja machen. So habe ich ihn zumindest verstanden.

Die Not mit dem Verkehr und den fehlenden Wohnungen

Ein Weg, der Blechlawinen Herr zu werden, ist ein verbesserter Nahverkehr. Auch in Gondeln, wie es der OB anregt?

Geht es darum, zwei Punkte miteinander zu verbinden, sind Seilbahnen als Verkehrsmittel geeignet. Für das angedachte Dreieck zwischen Bahnhof, Altstadt und Leo-Center sehe ich aber den Bedarf nicht. Hier fahren genügend Busse.

Die zu wenig genutzt werden.

Deshalb muss der Nahverkehr attraktiver werden. Die Tarifreform innerhalb des Verkehrsverbundes ist eine tolle Sache. Aber im Stadtgebiet bringt uns das nichts. Da ist das günstige stadtweite Ticket für 1,40 Euro, über das gerade diskutiert wird, die bessere Lösung.

Was sind die drängendsten Zukunftsaufgaben?

Mit Abstand der bezahlbare Wohnraum. Auch so ein Thema, über das wir seit Jahren diskutieren, ohne dass etwas geschieht.

Nach wie vor umstritten ist die Bebauung an der Berliner Straße.

Das hätten wir schon längst machen müssen. Es ist mir absolut unverständlich, dass wir über einen Randstreifen mit Brachland streiten, wenn Menschen auf der Straße stehen und dringend eine Bleibe brauchen.

Neben günstigem Wohnraum sind sogar hochwertige Häuser Mangelware.

Leonberg ist durch seine direkte Nähe zu Stuttgart geprägt. Eine Stadt unserer Größenordnung hätte auf dem Land Metropolcharakter. So sind wir ein attraktives Mittelzentrum, das vor allem als Wohnstandort gefragt ist, weil Natur und Urbanes nahe beieinander sind. Diese Qualität muss man bewahren und hervorheben. Deshalb wird der Wohnbedarf weiter wachsen und damit der Bedarf an Infrastruktur.

Ist die Stadt damit überfordert?

Sie hat durch die schnelle Realisierung zahlreicher Kitas oder den passgenauen Bau des Rathauses gezeigt, dass sie es kann.

Die nächste Herausforderung ist die Neugestaltung des Postareals.

Das kann mit Handel, Gastronomie und einem Hotel zu einem Markenzeichen von Leonberg werden. Wir sind einen entscheidenden Schritt weiter, weil der Investor großes Interesse daran hat, dass sich etwas tut. Durch den Brückenschlag zum Marktplatz wird die Altstadt davon profitieren.

Der OB setzt sich gerne durch

Welchen Eindruck haben Sie vom Oberbürgermeister?

Er hat in der Tat neue Ideen. Ob die sich umsetzen lassen, wird sich zeigen. Seine Meinungen setzt er gerne durch. Diese Eigenschaft muss ein OB auch haben. Er kann nicht nur schauen, was die anderen sagen. Aber die wirklichen Bewährungsproben kommen noch.

Wann?

Der nächste Haushalt wird interessant. Wir haben zuletzt sehr viel Geld ausgegeben.

Sie sitzen seit 1999 im Gemeinderat. Macht die Arbeit noch Spaß?

Die Diskussionen haben sich geändert. Früher waren sie kontrovers, heute suchen wir Kompromisse. Man akzeptiert die Meinung des Anderen. Daher ist es im Großen und Ganzen eine Bereicherung. Wir kommen über Parteigrenzen hinweg zumeist gut miteinander aus.