Einen Döner bekommt man in Stuttgart gefühlt an jeder Ecke. Das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass das ikonische Streetfood zu den größten Errungenschaften der Fastfood-Welt gehört. Und entsprechend gewürdigt werden sollte. Eine Liebeserklärung mit scharf.

Stuttgart – Wer, so wie ich, in einem schwäbischen Städtchen bei Stuttgart aufwuchs und in den Neunzigern vom Kind zum Teenager mutierte, bekam den Feldzug des Döners von den Großstädten in die Provinz sozusagen in Echtzeit mit.

 

Plötzlich war er da, der erste Dönerladen im Städtchen, magischer Magnet für Jung und Alt und quasi das Tor zur weiten Welt. "Zwei Mark fuffzich" hat er damals noch gekostet, das weiß ich noch. Und es gab anfangs sogar eine Pepsi dazu. Der hat einen prägenden Eindruck hinterlassen, dieser erste Döner.

Inbegriff des Streetfoods

Meine Begeisterung für diesen Inbegriff des Streetfoods hat seit damals nicht nachgelassen. Sicher, Döner ist nicht gleich Döner und es gibt wie bei jedem Fastfood gute und schlechte Adressen (Stichwort: Dönerspieß über den Rotebühlplatz gerollt).

In seiner idealen Form ist ein Döner aber ein Kunstwerk, eine ebenso einfache wie köstliche Mahlzeit, die im Vergleich zu sonstigem Fastfood angenehm trendlos ist. Frisch gebackenes Fladenbrot, hausgemachte Soße, Scheibenfleisch und viel frisches Gemüse: Give it to me, baby.

Wer hat‘s erfunden?

Der erste Döner ging in Deutschland natürlich schon viel früher über die Ladentheke als damals in den Neunzigern in meiner schwäbischen Provinz. Wann, ist bis heute Anlass für einen interkulturellen Disput und sollte eigentlich mal verfilmt werden („Die Döner-Kriege“, der neue Dreiteiler in der ARD). Die einen sagen, der Döner wurde 1972 in Berlin erfunden. Die anderen sagen 1969 in Reutlingen. Beweise hat niemand. Einigen wir uns also darauf, dass uns der gute alte Döner seit rund einem halben Jahrhundert treu und verlässlich zur Seite steht. 2011 gab es 16.000 Dönerbuden in Deutschland, die zusammen 3,5 Milliarden Euro erwirtschaften konnten - mit oder ohne scharf.

Der Erfolg ist berechtigt. Es gibt eigentlich kein anderes Streetfood, das besser für das heilige Triptychons durchzechter Nächte geeignet ist. Kurze Aufdröselung: Ein Döner eignet sich prima für eine robuste Grundlage (A), wird gern mitten in einer wilden Nacht als kurzer Pick-Me-Up verzehrt (B) und stillt am Katermittag verlässlich herzhafte Gelüste (C). Der Döner, dein Begleiter durch die wilde Nacht und den unabwendbaren Albtraum danach. "Döner dir einen" hätte man in den Achtzigern gewerbetextet.

Der erste Alman isst 1836 einen Döner

Besonders gut gefällt mir übrigens die wahrscheinlich erste Alman-Review eines Döners. Damals noch stilecht in einem Tagebuch festgehalten, nicht bei Google: „Unser Mittagsmahl nahmen wir ganz türkisch beim Kiebabtschi ein. […] Dann erschien auf einer hölzernen Scheibe der Kiebab oder kleine Stückchen Hammelfleisch, am Spieß gebraten und in Brotteig eingewickelt, ein sehr gutes, schmackhaftes Gericht“, schreibt ein alter Mann namens Helmuth von Moltke, der Militärberater des Osmanischen Reiches, am 16. Juni 1836 in sein Tagebuch. Minimum 4/5 Sterne aus heutiger Sicht, gerne wieder.

Heute muss man dafür nicht in die Türkei reisen. Man bekommt ihn überall in Stuttgart. Gerade deswegen läuft der Döner aber Gefahr, unterzugehen im Marktgeschrei jüngster Foodtrends. Nur weil er allgegenwärtig ist, heißt das noch lange nicht, dass er beliebig geworden ist. Im Gegenteil: Wir sollten nicht vergessen, wie lange uns der Döner schon begleitet. Auf ihn ist eben Verlass. 

Mit Würde Genießen

Beim nächsten Besuch eines Dönerladens kannst du also ruhig mal daran denken, wie wunderbar es ist, dass uns ein solch einfaches, köstliches Produkt praktisch rund um die Uhr zur Verfügung steht und noch dazu individuell zusammengestellt werden kann (vegetarisch geht auch). Kann da euer hipper neuer Food-Spot mithalten? 

Service-Post zum Schluss: Döner heißt so viel wie drehen. Gern geschehen.