Internetplattformen werben mit negativen Zinsen: Kunden müssen weniger Geld zurückzahlen als sie sich geliehen haben – aber die Voraussetzungen für die Darlehen kann nicht jeder Kreditnehmer erfüllen.

Frankfurt - In etwas mehr als zwei Wochen beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland. Die Gelegenheit lassen sich findige Werbeleute natürlich nicht entgehen. Die private Kreditplattform Smava etwa nutzt die Gunst der Stunde, um darauf aufmerksam zu machen, dass man über sie 1000 Euro leihen kann, aber nur 923 Euro zurückzahlen muss. Der WM-Minuszins ist geboren. Auch andere Kreditanbieter sind auf den Fußball-Zug aufgesprungen und schalten entsprechende Anzeigen.

 
Warum machen sie das und wie rechnet sich das Minusgeschäft dennoch?
Die Absicht, die hinter diesen Angeboten steckt, ist aus Marketinggesichtspunkten recht eindeutig: Man will neue Kunden locken. Für Smava, aber auch für Check 24 und all die anderen Internetplattformen, die sich damit brüsten, dass sie für (beinahe) jedes Problem eine Lösung finden können, ist die Anzahl von Kunden eine wichtige Voraussetzung dafür, dass sich ihr Geschäftsmodell am Ende doch noch auszahlt. Die Internet-Plattformen arbeiten zwar mit Banken zusammen, sammeln aber auch Geld bei privaten Investoren ein, die sich davon eine Rendite versprechen. Angesichts des anhaltenden Niedrigzinses gibt es offenbar genug Privatleute, die sich abseits der üblichen Bankwege davon mehr versprechen.
Wie kann man mit Negativzinsen Geld verdienen?
Es geht eher darum, nicht so viel Geld zu verlieren, wie man es bei anderen Anlagen tun würde. Viele Kreditinstitute, die für ihre Einlagen bei der Europäischen Zentralbank inzwischen Minuszinsen bezahlen müssen, geben diese Belastung vor allem an ihre Großkunden weiter, zunehmend aber auch an vermögende Privatpersonen oder mittelgroße Unternehmen. Wenn man dann über die privaten Kreditplattformen wenigstens noch ein kleines Plus bekommen kann, ist das für manche Anleger attraktiv.
Welche Vorteile hat das für den Verbraucher?
Kreditnehmer dürfen sich vorerst freuen, weil sich die Anbieter wie Smava, Check 24 und andere in ihren Negativkonditionen geradezu überbieten. Positiv ist, dass es keine Nebenkosten gibt und eine vorzeitige Rückzahlung möglich ist. Das geliehene Geld kann frei verwendet werden. Allerdings wird dieser „Marketingwettlauf“ nicht ewig weitergehen, warnen die Verbraucherschützer. Auf Dauer kann sich das kein Anbieter leisten, weil auch die dahinterstehenden Geldgeber irgendwann einmal ein positives Vorzeichen sehen wollen.
Welche Haken gibt es?
Zum einen sind solche Angebote nur für solche Kreditnehmer erreichbar, die über eine gute bis sehr gute Bonität verfügen, die also auch bei ihrer Bank ohne Probleme ein Darlehen aufnehmen könnten. Nur Angestellte, Arbeiter und Beamte können den Kredit beantragen, Selbstständige dagegen meist nicht. Und auch wer, aufgrund welcher Umstände auch immer, bei Banken keinen Kredit mehr bekommt, wird bei Smava und anderen Anbietern kein Glück haben. Auch dort müssen sie für ein Darlehen ihre Einkommensverhältnisse umfassend offenlegen und Einblick in ihr Girokonto gewähren – wie bei jeder anderen Bank auch. Verbraucherschützer kritisieren daher, dass man für einen Zinsvorteil von bis zu 80 Euro seine Daten verkauft – was immer damit passiert. Zum anderen sind die Summen nach oben und in der Laufzeit strikt begrenzt, meist auf 1000 Euro und maximal 36 Monate. Wer 1001 Euro leihen möchte, muss gleich einen entsprechenden Aufschlag bezahlen.