Nach seiner Abwahl hat Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) die Festplatte seines Dienstcomputers in der Villa Reitzenstein zerstören lassen. Die grüne Regierung erfährt erst jetzt davon und ist irritiert.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Der frühere Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hat nach seiner Abwahl im Staatsministerium Daten unwiederbringlich zerstören lassen. Im Auftrag von Mappus wurde die Festplatte seines Arbeitsplatzcomputers in der Villa Reitzenstein „ausgebaut und vernichtet“. Dies teilten seine Anwälte aufgrund von StZ-Recherchen mit. Die EDV-Abteilung des Staatsministeriums und ein Mitarbeiter seien daran beteiligt gewesen.

 

Die Anwälte sprachen von einer „völlig üblichen Verfahrensweise“. Auf dem Datenspeicher seien vor allem „zahlreiche CDU-Dateien, private Dateien unseres Mandanten sowie Dritter“ gewesen. Die Festplatte habe sich jedoch zu keinem Zeitpunkt im Besitz von Mappus befunden. Im Übrigen handele es sich bei der Löschaktion um „kein Geheimnis“, so die Anwälte.

Regierung von Beamten erst spät informiert

Das Staatsministerium von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte erst bei internen Recherchen aufgrund einer StZ-Anfrage von dem Vorgang erfahren. In der Antwort der zuständigen Abteilung hieß es lediglich, Mappus sei auf eigenen Wunsch „die Festplatte seines Arbeitsplatz-PCs zur Verfügung gestellt“ worden. Über deren Verbleib konnte ein Regierungssprecher nichts sagen; von einer Vernichtung mit Hilfe des Staatsministeriums erwähnte er nichts.

Laut Sprecher hat das Staatsministerium inzwischen eine Prüfung des Vorgangs eingeleitet. Verantwortlich ist eine Abteilung, die noch von einem Spitzenbeamten aus der Amtszeit von Mappus geführt wird. In der Regierungszentrale gibt es erhebliche Irritationen darüber, dass man erst jetzt von der Datenvernichtung erfährt. Nach der Regierungsübernahme hatten die Grünen bekanntlich intensiv nach Daten zur Vorbereitung des Rückkaufs der EnBW-Anteile durch das Land gesucht, jedoch fast nichts gefunden.

Staatsanwaltschaft zeigt sich interessiert

Auch die Staatsanwaltschaft Stuttgart, die nach dem EnBW-Deal wegen des Verdachts auf Untreue gegen Mappus ermittelt, wusste nach eigenen Angaben nichts über die Festplatte. „Das ist neu für uns, das nehmen wir gerne zur Kenntnis“, sagte eine Sprecherin. Bei der Durchsuchung in Mappus’ Privaträumen habe man keinen solchen Datenspeicher gefunden. Das Staatsministerium sei im Juli nicht durchsucht worden, weil Mappus dort keinen Arbeitsplatz mehr habe. Derzeit würden die Beweismittel ausgewertet.

Trotz der Vernichtung der Festplatte sind laut Staatsministerium „beim Einsatz forensischer Software“ möglicherweise noch Daten von Mappus auf Servern zu finden. Die Regierung sei dazu weder rechtlich befugt noch technisch in der Lage, unterstütze aber gegebenenfalls die Staatsanwaltschaft. Deren Sprecherin sagte, man sei dazu mit dem Staatsministerium in Kontakt: „Da sind wir dran.“ Gegenstand der Ermittlungen sei auch, ob sich gelöschte Mails rekonstruieren ließen.