Der Künzelsauer Spezialist für Befestigungsmaterial will die Auslieferung stark automatisieren. Dabei geht es nicht nur um höhere Produktivität, sagt der Chef Robert Friedmann.

Automobilwirtschaft/Maschinenbau: Matthias Schmidt (mas)

Lieferfähig bleiben, auch wenn es klemmt – für den Würth-Konzern war das ein Erfolgsrezept in Corona-geprägten Zeiten. Als es eng wurde, investierte der Künzelsauer Weltmarktführer für Befestigungsmaterial in den vergangenen beiden Jahren 1,6 Milliarden Euro in die Lagerbestände. Jetzt setzt sich Würth weitere Ziele für die Logistik: Bis 2030 sollen in den umsatzstärksten Bereichen der Gruppe drei Viertel der Tätigkeiten automatisiert werden.

 

„Es geht nicht darum, den Menschen zu ersetzen“, sagte dazu Robert Friedmann, der Sprecher der Konzernführung, am Donnerstag bei der Vorlage der Bilanz für 2022. Man plane vielmehr, über die knapp 12 000 bestehenden Stellen in der Logistik hinaus weiter Personal aufzubauen, so Friedmann. „Es geht uns um ein perfektes Ineinandergreifen von Mitarbeitenden, Robotern, Arbeitsplatzgesundheit und Wachstum.“

Manche Produkte sind zwei Stunden nach Bestellung beim Kunden

Roboter spielen an verschiedenen Würth-Standorten, wo Material gelagert und für den Versand zusammengestellt wird, wo Pakete zugeschnitten und Paletten bestückt werden, bereits eine wichtige Rolle. Früher, so erinnert sich Firmengründer Reinhold Würth in einem eingespielten Video, war ein Handwagen die ganze Logistik, die er zur Lieferung von Schrauben benötigte. Heute hingegen müsse es schneller gehen, berechne man Lieferzeiten nicht mehr in Tagen, sondern in Stunden. „Manche Produkte sind in zwei Stunden beim Kunden“, sagt Würth.

Wo die Ware eingeht, ist Cobot am Werk. Der „kollaborative Roboter“ legt Produkte fürs Zwischenlager in Behälter. Dort holt sie der Pick-It-Easy-Roboter gemäß der Kundenbestellung wieder heraus. Anders als früher, als er nur rechteckige Kartons greifen konnte, bekommt er heute auch Tüten und Taschen gefasst. Anschließend erstellt ein Volumenreduzierer vollautomatisch einen Karton, dessen Höhe genau zum bestellten Inhalt passt. Würth kann so rund 30 Prozent an Füllmaterial sparen, was Kosten senkt und die Umwelt schont.

Die Roboter optimieren ihre Bewegungen selbst

Die fertigen Pakete stellt der Palettierroboter lückenlos auf Versandpaletten. Jedes der sieben Geräte im Würth-Vertriebszentrum West in Künzelsau-Gaisbach bewegt pro Tag ein Gewicht von rund 100 Tonnen. Teilweise optimieren die Roboter ihre Bewegungen selbst – ein angewandter Fall von maschinellem Lernen, auch künstliche Intelligenz (KI) genannt.

„KI hat eine enorme Zukunft, deshalb wollen wir sie bei uns integriert wissen“, sagt Firmenpatron Reinhold Würth. Er verbinde damit die Hoffnung auf eine „enorme Entlastung der menschlichen Arbeitskraft“. Dabei gehe es nicht nur um Produktivität und die Entlastung von körperlich anstrengenden Arbeiten, betont Robert Friedmann. Würth wolle Digitalisierung und Automatisierung auch ausschöpfen, „um gesellschaftlichen Herausforderungen wie dem demografischen Wandel und dem Fachkräftemangel zu begegnen“. Um die Abläufe über die internationalen Standorte hinweg gemeinsam und zu vereinheitlichen hat Würth eigens eine Expertengruppe für Innovationen in der Logisitik installiert, genannt „Inno.Log-Gremium“.

Die Bilanz 2022

Rückblick
Mit einem Umsatz von 19,9 Milliarden Euro und einem Betriebsgewinn von 1,6 Milliarden verzeichnete die Würth-Gruppe im vergangenen Jahr das beste Ergebnis der Firmengeschichte.

Ausblick
Im ersten Quartal 2023 hielt das Wachstum an: der Umsatz stieg um 9,3 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum im Vorjahr. Fürs Gesamtjahr rechnet Würth mit einem mittleren einstelligen Umsatzwachstum und einem Ergebnis auf Vorjahresniveau.