Endlich funktioniert die Gastronomie der katholischen Kirche am Ludwigsburger Marktplatz. Doch um welchen Preis?

Region: Verena Mayer (ena)

Ludwigsburg - Wer das Treiben in der katholischen Ecke des Marktplatzes beobachtet, kann die katholische Kirche in Ludwigsburg nur beglückwünschen: Mit dem neuen Pächter in der Wunderbar hat sie offenkundig einen Volltreffer gelandet. Seit im Mai das Wok on Fire in den Räumen eröffnet hat, brummt der Laden. Endlich, muss man sagen. Mit den vorherigen Betreibern der Wunderbar hatte die Kirche kein Glück. „Das ist ein richtig attraktiver Pächter“, sagt deshalb auch Martin Wunram über Wok on Fire. Als Pastoralreferent ist er zuständig für das Haus der katholischen Kirche und die angrenzende Wunderbar.

 

Was allerdings nicht mehr ganz so attraktiv anmutet, ist der Blick auf das Haus der katholischen Kirche und ihre Wunderbar. Das ist insofern betrüblich, als sich die Kirche am Marktplatz ursprünglich ja so positionieren wollte, dass sie gut sichtbar ist und ganz besonders leicht zugänglich. Eine Kirche mitten in der Stadt wollte man werden. Besonders große Hoffnungen ruhten dabei auf der Wunderbar, die die Kirchengemeinde 2014 am Marktplatz eingerichtet hat. Als sie 2016 das gesamte Gebäude kaufen konnte, schienen die Voraussetzungen perfekt, ein Haus nach dem Vorbild von der Stuttgarter Königstraße etablieren zu können: Reinspazieren, Kaffee oder etwas anderes Leckeres bestellen und sich von den Angeboten der Kirche inspirieren lassen.

Gastro toppt Kirche

Doch nun, zwei Jahre später, stellt sich die Frage, ob das gepriesene Konzept wirklich funktioniert. Denn was die katholische Kirche in ihrem schön renovierten Haus alles bietet, und dass am Marktplatz noch immer die Wunderbar residiert, erschließt sich Unkundigen nur schwer. Auffällig sind hingegen die Tische und Stühle vor dem Gebäude, und neben dem Schriftzug von Wok on Fire ist jener der Wunderbar kaum noch auszumachen.

Im Innern der Lokalität wiederum erinnert nur ein Eichentisch links des Eingangs daran, dass man sich in einem Gebäude der Kirche befindet. An dem Tisch können Besucher ohne Konsumpflicht verweilen, Zeitung lesen oder mit Mitarbeitern der Kirchengemeinde ins Gespräch kommen, die sich dann und wann auch dort aufhalten. „Man muss sich schon fragen, ob das, was man nun hat, das ist, was man sich vorgestellt hat“, sagt ein Mitglied der Gemeinde, das seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.

Frage also an den Pastoralreferenten Martin Wunram: Ist diese Entwicklung im Sinne des Erfinders? „Ja“, antwortet Wunram entschieden. Man habe eine Gastronomie gewollt, die Menschen anziehe – und nun, nach zwei Reinfällen, gibt es die. „100 Punkte“, bilanziert Wunram.

Zwei Kirchen, zwei Konzepte

Interessant an dieser Argumentation ist, dass sie dem genauen Gegenteil dessen entspricht, was die Nachbarn gegenüber möchten: Das evangelische Dekanat hat lange mit den Betreibern des Restaurants La Signora Moro gestritten, damit sich diese von jenem Areal zurückziehen, das direkt vor dem Dekanat liegt. Dort nämlich soll nach dem momentanen Umbau ein „offener Eingang“ Besucher anlocken.

Ein solcher Streit immerhin ist bei der katholischen Kirche ausgeschlossen. Martin Wunram, der den Vertrag mit den Gastronomen ausgehandelt hat, hat ihnen absichtlich auch jene Fläche unter den Arkaden mitvermietet, die sie gut selbst hätte nutzen können. Als Stellfläche etwa für Räder, die es weit und breit nicht gibt. Oder als Werbefläche, um mit Schautafeln auf Veranstaltungen der Kirche hinzuweisen.

Versteht man Wunram richtig, scheint das ohnehin nicht mehr nötig: „Wir brauchen keine freie Sicht auf unsere Einrichtung“, erklärt der Kirchenmanager. Wer in diese Ecke des Marktplatzes komme, finde die katholische Kirche auf jeden Fall. Doch selbst wenn er in dieser Ecke nur das Wok on Fire finden sollte – die Kirchenkasse stimmt auf jeden Fall.