Wer im Restaurant Youki in Zuffenhausen beim All-You-Can-Eat-Buffet nicht leer isst, muss einen Euro draufzahlen. Damit das möglichst selten passiert, hat sich der Inhaber ein System überlegt. Die Stammkunden finden's gut.

Stuttgart - Eine Bedienung trägt viele kleine leere Schüsselchen von einem Tisch im Yuoki zurück in die Küche. „So soll es sein“, sagt der Inhaber Guoyu Luan zufrieden. Sofort werden eine Reihe anderer Schüsselchen herbeigetragen, die mit verschiedenen asiatischen Spezialitäten gefüllt sind.

 

Die Gäste, die hier bedient werden, haben das All-You-Can-Eat-Buffet gewählt. In anderen Asia-Restaurants muss man sich das Essen dabei selber holen. Doch die Bedienung am Platz ist Teil des ungewöhnliches Buffet-Systems, mit dem Guoyu Luan zu vielen Speiseabfällen vorbeugen möchte. Taste 120“ heißt es, denn 120 Minuten lang kann man essen so viel wie man möchte. Aber ein Buffet gibt es nicht. Stattdessen bekommt jeder Gast ein iPad in die Hand, mit dem er alle zehn Minuten bis zu fünf kleine Gerichte bestellen kann. Diese werden dann in der Küche frisch zubereitet und dem Gast in kleinen Schälchen serviert. Im Gegensatz zum normalen All-You-Can-Eat-Buffet ist hier der Vorteil, dass man sich alle zehn Minuten neu überlegen kann, wie viel Hunger man hat. „Dann bestellt man nicht übermäßig viel.“ Am Buffet hingegen „sind die Augen oft größer als der Magen“, sagt Guoyu Luan, „und es gibt Leute, die das ausnutzen und sich absichtlich zu viel auftun.“

Die Hälfte aller Lebensmittelabfälle wäre vermeidbar

Einen ganz anderen Vorteil an dem System mit den vielen kleinen Portionen sehen Jessica und James Moss. Sie kommen aus Kalifornien und haben hier die „Taste 120“ mit ihren beiden kleinen Kindern ausprobiert. „Die können dann von allem ein bisschen was naschen und wenn es ihnen nicht schmeckt, gibt es eine große Auswahl an anderen Sachen, die man außerdem bestellen kann.“ Sie begrüßen aber auch, dass Guoyu Luan versucht, dadurch Lebensmittelabfälle zu vermeiden: „Zu Hause versuchen wir auch so wenig Müll wie möglich zu produzieren, also warum nicht auch im Restaurant.“

Das sehen bei weitem nicht alle so. Eine Studie der Universität Stuttgart und der Universität Wien, die vor einigen Jahren im Auftrag des Bundesverbraucherministeriums durchgeführt wurde, zeigt: mindestens die Hälfte aller Lebensmittelabfälle die jeder Deutsche im Schnitt täglich produziert wären vermeidbar.

1000 Euro in den letzten beiden Jahren

Das Problem kennt Guoyu Luan aus eigener Erfahrung gut, er hat jahrelang ein asiatisches Restaurant mit einem klassischem Buffet geführt und musste Unmengen an Speiseresten wegwerfen. Deshalb hat er im Yuoki eine Regel eingeführt: Wenn ein Gast beim Buffet auffällig viele Speisen übrig lässt, muss er einen Euro Strafgebühr zahlen, der für einen wohltätigen Zweck gespendet wird. „So sind in den letzten zwei Jahren immerhin etwa 1000 Euro zusammengekommen“, sagt Luan. „Ich möchte damit einen kleinen Beitrag zu einer besseren Gesellschaft leisten und meinen Gästen einen bewussten und respektvollen Umgang mit Lebensmitteln lehren – im Restaurant, aber auch zu Hause.“

„Dieses Konzept ist in Baden-Württemberg einzigartig“, sagt Daniel Ohl vom Hotel- und Gaststättenverband Dehoga. Aber Guoyu Luan ist nicht der einzige, der sich für Abfallvermeidung in der Gastronomie einsetzt. „In den letzten Jahren bieten immer mehr Gastronomen kleine Portionen für ihre Gäste an, wenn diese nicht die große Portion möchten. Das läuft zwar nicht direkt unter Abfallvermeidung, aber es hat einen großen Effekt“, sagt Daniel Ohl. Außerdem widerstrebe es dem Unternehmergeist, sich keine Gedanken um Lebensmittelverschwendung zu machen: „Lebensmittel kosten Geld und die Entsorgung von Speiseresten ist teuer. Daher ist jeder Gastronom froh, wenn er nicht so viel wegwerfen muss.“

Bei den Kunden kommt das Konzept gut an

Bei seinen Kunden kommt das Konzept gut an. Er hat viele Stammgäste, die immer wieder wegen des „Taste 120“ kommen. Einer davon ist Jörg Hermanutz. Er kommt regelmäßig zum Mittagessen ins „Yuoki“ und nimmt das Buffet. „Das Bestell-System ist simpel und hat mir sofort zugesagt. Zudem ist das Essen günstig und lecker.“ 12,95 Euro kostet es mittags, abends und am Wochenende etwa das Doppelte. Den einen Euro Strafe musste er noch nie zahlen. „Ich bestelle nur so viel, wie ich essen möchte. Manchmal probiere ich neue Sachen aus, die mir persönlich dann nicht schmecken. Die können schon mal übrig bleiben. In solchen Fällen zeigt der Chef Verständnis.“ Auch Cihan Karaman ist überzeugt. Er arbeitet selber in der Lebensmittelindustrie und achtet darauf, dass er nicht verschwenderisch lebt. Er findet, dass man so ein System auch in der Türkei, seinem Heimatland, einführen sollte. „Vor allem Touristen bekommen dort Berge von Essen vorgesetzt und am Ende wird die Hälfte weggeschmissen.“