Das Hotzenplotz ist eine Institution im Westen. Vor vier Jahren hat der Nachwuchs übernommen.
S-West - Als er das erste Mal am Zapfhahn stand, hat er einen Schemel gebraucht. Damals war Haris Vrizonis noch keine zehn Jahre alt. Sebastian Prechter ist fünf Jahre älter, zusammen sind sie als Kinder an der Bar gestanden und haben Kiba getrunken – Kirsch-Bananensaft. Heute ist Haris Vrizonis 30 Jahre alt, mit Sebastian Prechter ist er immer noch befreundet und mehr noch: vor vier Jahren haben sie die Kneipe übernommen, in der sie damals ihren Kiba getrunken haben.
Haris Vrizonis ist nach eigenen Worten ein richtiges Gastro-Kind. Sein Vater hat zwanzig Jahre lang die Gaststätte zum Hotzenplotz, Silberburgstraße 88, im Stuttgarter Westen betrieben. Es war ein uriges Wirtshaus, das schon vor seiner Übernahme nach dem Räuber im Kinderbuch von Otfried Preußler benannt war. Haris Vrizonis ist nach der Schule, statt weiter im elterlichen Betrieb zu arbeiten, erst einmal nach Griechenland gegangen, um Maschinenbau zu studieren. Sebastian Prechter hingegen zog es gleich ins Gaststättengewerbe. Er ist gelernter Hotel- und Gaststättenfachmann. Auch seine Affinität zur Gastro hat im Hotzenplotz angefangen, mit 18 Jahren stand er erstmals in dem Wirtshaus hinter der Theke.
Das Wirtshaus vom Vater übernommen
Vor vier Jahren wurden Nägel mit Köpfen gemacht. Die Freunde nahmen das Zepter in die Hand. Vieles haben die beiden so gelassen, wie es war, anderes haben sie geändert. „Wir haben zum Beispiel die Speisekarte etwas umstrukturiert“, sagt Sebastian Prechter. Der 35-Jährige kümmert sich um das Essen, das im Hotzenplotz serviert wird. Er wählt die Rezepte aus und steht auch am Herd und an den Kochtöpfen des Wirtshauses.
Die Wünsche der Gäste sind so individuell wie sie selbst. Zum Mittag kommen sowohl alteingesessene Westler, die seit Jahren zum Stammpublikum gehören, wie auch Studenten und Schüler aus den umliegenden Schulen. Für die gibt es Rabatt und schon auch mal einfach Spätzle mit Soß’. Neben schwäbischen und gutbürgerlichen Speisen wie Maultaschen stehen leichte Salate und andere vegetarische Gerichte auf der Speisekarte.
Was gleich geblieben sei, da sind sich beide Betreiber einig, sei das familiäre Verhältnis zu den Gästen. „Wir haben ein hohes Aufkommen an Stammgästen, die sich hier inzwischen wie Zuhause fühlen“, sagt Haris Vrizonis. Und die kommen nicht nur wegen des Essens, sondern auch wegen der Fußballübertragungen, für die das Hotzenplotz bekannt ist. Im separaten Raucherraum werden vor allem VfB-Spiele gezeigt. Der Raucherraum ist 2003 eingerichtet worden. Die Einrichtung dort sowie in den Räumlichkeiten nebenan sehen genau so aus, wie man sich ein richtiges Wirtshaus vorstellt: urig, mit viel Holz.
Das Hotzenplotz hat einen neuen Ableger: das Petrosilius
Die Freunde sind froh, vor vier Jahren den Schritt gegangen zu sein und den Betrieb übernommen zu haben – auch wenn es anfangs schwer war. „Selbst wenn man in der Gastronomie gelernt hat, ist es etwas anderes, ein Restaurant selbst zu führen“, sagt Sebastian Prechter und Haris Vrizonis ergänzt: „Das ist, wie wenn man auf ein Kind aufpassen muss, das gerade laufen gelernt hat.“
Da das mit dem Laufen inzwischen ziemlich gut klappt, haben sich die beiden ein neues Baby zugelegt: das Petrosilius am Rotebühlplatz, benannt nach dem Zauberer aus dem Hotzenplotz-Roman. In den ehemaligen Räumen des Locanda No. 1 verfolgen sie ein ähnliches Konzept wie am alten Standort: gutbürgerliche Küche und freundlicher Service.