Böblingen, Königsberger Straße: Hinter einer hässlichen Häuserfassade verbirgt sich ein Lokal, in dem nicht nur die Einrichtung geschmackvoll ist. Das Sinam ist eine richtige kleine Oase.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Thea Bracht (tab)

Böblingen - Bonjour Böblingen – willkommen im Fastfood-Land. Umgeben von Pizza-Express, McDonald’s, Aral-Tankstelle und Burger King steht ein Gebäude, das an einen Container erinnert. Soll man wirklich eintreten? Unbedingt, finden wir heraus. Denn zwei Stockwerke höher ist die Welt wieder in bester Ordnung: Im Sinam haben Menschen gewerkelt, die wollten, dass man die triste Umgebung sofort vergisst. Der Gastraum ist großzügig und offen – und doch atmosphärisch warm. An einer Wand stehen Miniatur-Repliken der berühmten Terrakotta-Krieger aus Xian, jede einzelne dezent beleuchtet. Außerdem verschönern ein Bassin mit Fischen, Buddha-Figuren, Bonsai-Bäumchen, grüne Lampenschirme und Kissen den Raum. „Die Lage des Lokals ist nicht optimal“, räumt der Betreiber Duy Pham ein.

 

Doch der Absolvent der China-Studien und Volkswirtschaftslehre sieht es pragmatisch: „Hier sind viele Firmen, unser Mittagstisch kommt gerade bei jungen Geschäftsleuten, die schon in Asien waren, gut an.“

Er selbst hat einige Jahre in Shanghai gelebt und sich dort kulinarisch fortgebildet, deshalb stehen neben vietnamesischen auch chinesische Spezialitäten auf der Karte. „Unsere vietnamesische Küche, die ja auch von den Franzosen beeinflusst wurde, ist eleganter, aber die chinesische ist vielfältiger“, urteilt Duy Pham. Vor allem die scharfen Speisen aus der Provinz Sichuan haben es dem 33-Jährigen angetan.

Wir wähnen uns mit einem vietnamesischen Klassiker auf der sicheren Seite und werden nicht enttäuscht: Fünf Sterne für die vegetarischen Reispapierrollen, gefüllt mit Mango, Reisnudeln, Gemüse und frischen Kräutern (4,80 Euro). Der Grüne Papayasalat (7,20 Euro) hat uns dagegen in einem anderen Lokal schon etwas besser geschmeckt: und zwar im Breitengrad 17 in Stuttgart, betrieben von Duy Phams Bruder. Hauptkritikpunkt: die Garnelen sind zu weich und zu wässrig, der Salat etwas fader als wir ihn kennen. Ein weiterer Klassiker ist die Nudelsuppe Pho Bo mit Rindfleisch (11,50 Euro). Die Alternative Pho Ga mit Limetten-Hühnchen (10,20 Euro) schmeckt wunderbar, die Sojasprossen werden extra serviert, damit der Gast sie nach Belieben selbst in die Brühe werfen kann. In Vietnam ist das ganz üblich, damit die Zutaten nicht verkochen. Ebenso begeistert uns das Hauptgericht Tom Xao Rau mit Garnelen, Ingwerstreifen, verschiedenem Gemüse und Koriander (16,90 Euro). Die Soße ist ein wahrer Genuss.

Wie gut, dass es in Vietnam, anders als in China, auch eine ausgeprägte Kaffeekultur gibt, französische Missionare sollen das Heißgetränk im 19. Jahrhundert eingeführt haben. Den Kaffee mit gesüßter Kondensmilch (2,80 Euro) sollte man unbedingt probieren, Teetrinkern sei vor allem an kälteren Abenden der Ingwertee mit Honig und Zitronensaft (3 Euro) empfohlen.