Experimente gibt es in der Esslinger Altstadt bei Hirsch und Greif keine, dafür aber feinste Küche mit regionalen Produkten.  

Stuttgart - Wir können alles – außer Hochdeutsch? Nun ja, über diesen Werbeslogan kann man geteilter Meinung sei. Unstrittig dagegen ist: wer sich auf kulinarische Produkte aus Baden-Württemberg verlässt, der kann trotz regionaler Wurzeln getrost nach den Sternen greifen. So wie Sascha Mädrich und Jens Hornung das tun, zwei 35 Jahre junge Unternehmer aus Esslingen mit Erfahrung in der Feinkost- und Hotelbranche. Ende September haben sie im ehemaligen Zisterzienserkloster mitten in der Altstadt ihrer alten Heimat ein Restaurant eröffnet, für das es in Anlehnung an die Tiere im Landeswappen eigentlich nur einen Namen geben konnte: das Hirsch und Greif.

 

Vier Monate lang haben sie den ersten Stock saniert, unter der 300 Jahre alten barocken Stuckdecke 80 Sitzplätze und eine Schauküche geschaffen, die nur durch eine Theke und ein großes Fenster vom Saal getrennt wird. Dort richten die Köche die Albpralinen mit Feldsalat und Kartoffeldressing an, streuen Croûtons darüber und schieben es unter dem Glas der aufmerksamen Bedienung zu, die uns die würzige Vorspeise (9 Euro) serviert.

Lust auf mehr

Hinter den vier Pralinen verbirgt sich ein in längliche Scheiben geschnittener Büffelkäse auf Romadurbasis, hergestellt auf der Schwäbischen Alb, der in drei Jahre alten, luftgetrockneten Schinken eingeschlagen ist. Das ist für den Anfang schon gar nicht schlecht, aber nichts gegen das ausgezeichnete sahneweiße Sauerkrautsüpple (7 Euro). Der säuerlich-süße Geschmack wird sehr fein abgerundet durch Coppa vom Schwäbisch-Hällischen Landschwein – einem salzigen, hauchdünn geschnittenen Aufschnitt, der in dem Süpple schwimmt.

Das macht Lust auf mehr – doch die Wahl aus den Hauptspeisen fällt schwer. Nicht, weil es davon unüberschaubar viele gäbe (knapp zehn), sondern weil alle so lecker klingen. Wir entscheiden uns schließlich für den Rehrücken (24 Euro). Die perfekt gebratenen, saftig rosa Scheibchen liegen auf einer dezenten Preiselbeersoße. Als Beilage wird Pastinakenpüree gereicht, leicht mit Honig gewürzt, das intensiv nach der süßlichen Wurzel schmeckt. Schade nur, dass auch hier die Unsitte des Frittierens Einzug gehalten hat – das Kartoffelpüree kommt in Form teelöffelgroßer, ausgebackener Krapfen daher.

Vorzügliches Saiblingfilet

Dafür mundet uns das gebratene Saiblingfilet (16 Euro), gefangen in der Ortenau, vorzüglich. Der Fisch ist zart, sauber zerlegt und sehr gut gewürzt, ohne in öliger Soße zu schwimmen. Dazu gibt es knackigen Rahmwirsing, Kartoffeltaler und 0,2 Liter rauchigen Lemberger aus Kleinbottwar (6,50 Euro).

Was könnte so ein Mahl abrunden? Am besten ein italienischer Klassiker, regional interpretiert: das schwäbische Tiramisu (7,50 Euro) ist mit Holunderblütensirup gesüßt, die Mascarponecreme liegt auf in Espresso getränkten Wibele statt Löffelbiskuit. Köstlich.

Hirsch und Greif Strohstraße 13, Esslingen, Telefon 88 24 27 69, www.hirschundgreif.de. Geöffnet dienstags bis sonntags von 11.30 bis 14 Uhr und 17.30 bis 23 Uhr, montags ist Ruhetag. Es wird ein Mittagstisch für 9,95 Euro angeboten.

Die Bewertung

Küche *****

Service ****

Ambiente ****

***** = herausragend, **** = überdurchschnittlich, *** = gut, ** = Luft nach oben, * = viel zu verbessern

Die Beurteilung berücksichtigt auch das Preis-/Leistungsverhältnis. Das günstige Lokal um die Ecke wird nach anderen Kriterien bewertet als ein Sternerestaurant. Der Test gibt Aufschluss über die Tagesform der Küche.