Der Stern ist schon da, die volle Punktzahl noch nicht: Sebastian Prüßmann kocht im Stuttgarter Schlossgartenrestaurant so harmonisch, dass unserem Restauranttester manches zu gefällig ist.

Lokales: Matthias Ring (mri)

Stuttgart - Das ging schnell – eigentlich zu schnell für den Guide Michelin, der sonst so genau und mehrmals hinschaut. Redaktionsschluss für die Ausgabe 2014 und Neustart für Sebastian Prüßmann Mitte September im Hotel am Schlossgarten lagen so dicht beisammen, dass wohl auch ein Vertrauensvorschuss für die sofortige Wiedervergabe des Sterns im Spiel war. Schließlich hatte Prüßmann im Pfinztal auch 17 Punkte vom Gault Millau, der trotz eines Besuchs in Stuttgart vorerst konsequent mit der Bewertung aussetzt.

 

Sei’s drum, denn natürlich isst man weiterhin auf Sterneniveau im Schlossgartenrestaurant, das trotz Neugestaltung und unterstrichen von Musikberieselung eine zu gediegene Hotelatmosphäre ausstrahlt. Manches muss sich noch einspielen: Der neue Restaurantleiter ist schon wieder weg, die neue Sommelière Melanie Layer ist auch nach unserem Besuch noch da. Ihre Empfehlungen sind ausgezeichnet, führen aber dazu, dass wir – obwohl wir beim Essen und Trinken die Abwechslung lieben – zum Hauptgang beim selben Wein landen. Aber wann bekommt man schon offen einen 2007er Santenay Premier Cru, hier von Hervé de Lavoirelle? – was sich dann allerdings pro 0,1-Glas mit 15,50 Euro auf der Rechnung niederschlägt . . .

Kressebeet samt Kräuterschere

Bei Hauptspeisen zum Preis von mehr als 40 Euro ist man mit vier Gängen aus „Sebastian Prüßmanns Menüempfehlung“ für 89 Euro besser bedient; die Begleitung nimmt die maximal vier Gänge aus der „Gemüse Liebe“ (79 Euro). Vorneweg dürfen wir selbst ernten, denn zu Brot und Butter gibt es ein Kressebeet samt exklusiver japanischer Kräuterschere. Das folgende „Etwas aus dem Gemüsebeet“ sind so dekorative wie schmackhafte Miniaturen aus Gelber Bete, Borretsch und Kapuzinerkresse, danach kommt junger Sellerie aus dem Salzteig als fein abgestimmte Komposition mit Erbsen, Peperoni und Bronzefenchel in verschiedenen Texturen. Enttäuschend ist der Hauptgang „Mais mal anders“, denn in welcher Konsistenz auch immer: dem Mais haftet eine muffig-pappige Süße an. Bei der Otucan Schokolade mit Passionsfrucht und Karamell strahlt das Gegenüber wieder.

Das andere Menü steigert sich mit jedem Gang: vom Wildkräutersalat mit paniertem Eigelb und intensiver Grüner Sauce über den sanft gegarten Steinbutt und das gegrillte Kalbsfilet, außen mit schöner Rauchnote, innen butterzart, bis hin zur Tarte Tatin und all den Zugaben drum herum. Aber: Subjektiv geschmeckt kocht der sympathische Prüßmann so harmonisch, dass sich Nuancen zu gefällig bis gleichförmig aneinanderschmiegen und uns ausgeprägte Kontraste und Kanten fehlen. Damit mag er den Geschmack vieler treffen – doch zur vollendeten Kunst von Vorgänger Bernhard Diers mit 18 Punkten ist es weit, auch die 17 Punkte haben wir noch nicht gesehen. Aber nun hat der neue Küchendirektor viel Zeit: ein Jahr bis zur nächsten Runde der Gourmetführer.

Die Bewertung:

Küche *****

Service ****

Ambiente ****

Die Beurteilung berücksichtigt auch das Preis-/Leistungsverhältnis. Das günstige Lokal um die Ecke wird nach anderen Kriterien bewertet als ein Sternerestaurant. Der Test gibt Aufschluss über die Tagesform der Küche.

Schlossgartenrestaurant Schillerstraße 23, Tel. 20 26-0, www.hotelschlossgarten.com, Di-Sa 12-13.30 und 18.30 bis 21.30 Uhr.