Gaby Hippélis Biorestaurant ist von der Waldebene an den Neckar umgezogen und hat das Zeug zum echten Geheimtipp. Die beiden Terrassen und der Gastraum wurden liebevoll saniert.

Stuttgart - Eigentlich haben alle Vereinslokale doch eins gemeinsam: große Portionen. Egal ob Pizza, Rostbraten oder Schnitzel – Hauptsache viel. Ansonsten Eiche rustikal, abhängte Decken und Fliesenboden.

 

Haben Sie auch dieses Vorurteil? Dann werden Sie eines Besseren belehrt, wenn Sie dem neuen Vereinslokal der Stuttgarter Rudergesellschaft in Untertürkheim eine Chance geben. Anfang Juli ist Gaby Hippéli mit Tochter Désirée, Andreas Semle und ihrem Lokal Cassiopeia hier eingezogen. Hippéli ist in Stuttgart keine Unbekannte: Seit 1999 führte sie das Lokal im Waldheim am Frauenkopf. Doch da die evangelische Kirche das baufällige Heim aufgibt, musste sich Hippéli einen neuen Ort suchen. Im Bootshaus neben dem Inselbad wiederum, einst Heimstatt des Maharadscha, Stuttgarts legendärem ersten Inder, hatte es zuletzt etliche Pächterwechsel gegeben.

Hippéli und ihre Mitstreiter haben die beiden Terrassen – eine davon traumhaft am Neckar gelegen – und den Gastraum (der nun auch eine Bühne für Konzerte hat) liebevoll grundsaniert. Nun erwartet den Gast eine nette Mischung aus Lämpchen, Antiquitäten, zusammengewürfelten Stühlen, Plüsch und Flohmarkttrödel. Das hat etwas von einer gemütlichen Studentenkneipe, wozu es passt, dass der Service die Gäste konsequent duzt. Schon auf der Waldebene Ost war Hippélis Lokal vom Ökoverband Bioland zertifiziert, das bleibt es auch hier.

Von Ökos bis zu Hipstern: hier ist alles vertreten

Das Publikum ist bunt gemischt: Ökos sitzen hier ebenso wie Hipster und ganz normale Menschen. Breit angelegt ist auch die Karte, die von Suppen über Maultaschen und Dinnete (schwäbischer Flammkuchen, ab 8,50 Euro) über Fleischgerichte bis hin zu Veganem reicht. Eine reiche Auswahl, die Küchenchef Thomas Gärtner komplett selbst herstellt, wie Gaby Hippéli betont.

Wir bemühen uns, einen repräsentativen Querschnitt zu testen und sind begeistert – egal ob vom veganen Risotto vom Hagelkorn (vulgo Graupen) mit sautierten Steinchampignons und frischen Gartenkräutern (10,80 Euro) oder von der abwechslungsreichen Vorspeisenauswahl (14 Euro), die als Mahlzeit eigentlich gut reichen würde. Spitze ist auch das rosa gegrillte Rumpsteak mit Grünem-Pfeffer-Sößle und selbst gemachten Kroketten (23,90 Euro), die – juhu! – nicht in der köstlichen Soße schwimmen, sondern getrennt kommen. In Verzückung gar gerät der karnivore Begleiter über den veganen Nussbraten auf Rahmsößle mit Kartoffelstampf, glasierten Zwiebeln und Gemüse (14,20 Euro). Betroffen seufzt er nach einer Weile: „Wenn ich hier wohnen würde, würd’ ich hier einmal die Woche essen.“

Zum Abschluss nudeln wir uns noch wonnig mit Kartoffel-Nougat-Klößchen im Nussmantel auf Vanillesoße (die könnten ein bisschen wärmer sein) sowie Apfelküchchen (sic!) auf Vanillesoße in Zimt-Zucker-Mantel (beides 6,90 Euro). Hach. Das ist wirklich kein normales Vereinslokal.

Cassiopeia, Inselstraße 147, Untertürkheim. Telefon 0163/081 49 60. Geöffnet dienstags bis freitags ab 17 Uhr, samstags von 10 bis 14 Uhr Brunch, danach à la Carte, sonntag- und feiertags ab 11.30 Uhr.

Die Bewertung:

Küche +++++

Service ++++

Ambiente ++++

+++++ = herausragend, ++++ = überdurchschnittlich, +++ = gut, ++= Luft nach oben, + = viel zu verbessern

Die Beurteilung berücksichtigt auch das Preis-Leistungs-Verhältnis. Das günstige Lokal um die Ecke wird nach anderen Kriterien bewertet als ein Sternerestaurant. Der Test gibt Aufschluss über die Tagesform der Küche.