Grillen mit Holzkohle direkt am Tisch: im Westen speist man jetzt authentisch koreanisch in skurrilem Ambiente – im Bulgogi Grill Haus Rotenwaldeck. Dort ist das Essen ein Ritus, der bestimmten Spielregeln folgt.

Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)

Stuttgart - Der erste Eindruck ist immer der bleibende, sagt man. Hätten wir es beim neuen koreanischen Restaurant Bulgogi Grill Haus Rotenwaldeck beim ersten Eindruck belassen, wäre es erst gar nicht zu einem zweiten Eindruck gekommen. Das Restaurant ist eine Herausforderung: Der Schilderwald am Eingang, bestehend aus einem Hinweis auf das Bulgogi, das ehemalige Gasthaus 6, und diversen Tafeln mit asiatischen Schriftzeichen, ist bereits herrlich skurril. Die Inneneinrichtung des Restaurants gleicht dann einer optischen Geisterbahnfahrt.

 

Wörtlich übersetzt bedeutet Bulgogi Feuerfleisch

Das Rotenwaldeck war eine ehrliche Bierpinte. Jian Shan, der Betreiber des Bulgogi, hat sich nicht lange damit aufgehalten, das wuchtige Holz herauszureißen, sondern hat es einfach in einem schreienden Grünton übermalt. Der lebensbejahende Farbton wird durch ein hübsches Neonlicht in Szene gesetzt, das an das letzte Verhör in der Ausnüchterungszelle erinnert. „Wo waren Sie gestern Abend zwischen 19 und 21 Uhr?“ – „Da haben wir authentisch koreanisch im Bulgogi gespeist.“ Denn: als einziges koreanisches Restaurant in der Region wird im Bulgogi auf Holzkohle am oder besser gesagt im Tisch gegrillt.

Wörtlich übersetzt bedeutet Bulgogi Feuerfleisch. Der Begriff bezieht sich auf die Zubereitungsart. Verwandt mit der japanischen Grillzubereitung Yakiniku, die in Stuttgart zum Beispiel im gleichnamigen Restaurant im Süden praktiziert wird, folgt das Essen im Bulgogi bestimmten Spielregeln. Das Fleisch wird bei Bedarf nachmariniert, dann so lange gegrillt wie gewünscht, bevor es in ein Salatblatt gerollt und verspeist wird.

Der Chef empfiehlt „Lippen vom Lind“

Jian Shan ist ein angenehmer Gastgeber, der uns wie in einem Cartoon, der asiatisches eingefärbtes Deutsch verballhornt, die „Lippen vom Lind“ als Tagesempfehlung ans Herz legt. Staunen, ungläubiges Nachfragen, dabei den Finger auf den Mund deutend: Lippen? „Ja, genau, Lippen“, antwortet Shan, und zeigt auf seine Rippengegend. Die Rippe vom Rind (15,13 Euro) ist von ausgezeichneter Qualität. Der Albtraum jeden Vegetariers: man darf das Fleisch, das nach Gewicht berechnet wird, mittels einer Schere portionieren, um die feinen Scheiben eigenhändig auf den Grill zu legen. Als zweiten Hauptgang wählen wir Bulnag, ein bisschen marinierten Tintenfisch, ein wenig Schweinefleisch (12,52 Euro). Vor allem der Tintenfisch fällt qualitativ etwas ab. Zu erwähnen seien noch die vielen tollen Vorspeisen, zum Beispiel Pfannkuchen mit Kimchi, fermentiertem Chinakohl (5,80 Euro). Eher gewöhnungsbedürftig ist die mutig bestellte gebratene Schweinehaut (1 Euro), die man auch mit Hilfe von reichlich chinesischem Bier der Marke Tsingtao (2,10 Euro) kaum heruntergespült bekommt. Fazit: lässt man sich vom ersten Eindruck nicht abschrecken, wird man im Bulgogi mit einem kulinarischen Kurzurlaub in Korea belohnt.

Die Bewertung

Küche ***

Service ***

Ambiente **

Die Beurteilung berücksichtigt auch das Preis-/Leistungsverhältnis. Das günstige Lokal um die Ecke wird nach anderen Kriterien bewertet als ein Sternerestaurant. Der Test gibt Aufschluss über die Tagesform der Küche.