Die Gewerkschaft der Lokführer verzichtet in der neunten Streikrunde auf finanzielle Hilfe vom Dachverband. Offenkundig hat die Beamtenbundführung dem GDL-Chef Claus Weselsky signalisiert, dass man den neuen Megastreik nicht unterstützen werde.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Der Gesprächsfaden ist noch nicht gerissen: Auch am zweiten Tag der neunten Streikrunde haben die Verhandlungsführer von Bahn und GDL beisammen gesessen und über Auswege aus dem Tarifkonflikt nachgedacht – dies allein ist ein gutes Zeichen. Formal geht es um ein „Rechtsgespräch“, in dem juristische Aspekte des Konflikts beleuchtet werden. Eine Vermittlung oder gar Schlichtung ist dies noch nicht. Am vorigen Wochenende hatten sich beide Seiten nicht einmal auf ein Schlichtungsabkommen einigen können. Nun könnten aus dem Fachgespräch wieder konstruktive Verhandlungen entstehen, so die Motivation der Beteiligten.

 

Für die Rolle des unabhängigen Dritten hatte Bahn-Chef Rüdiger Grube (wie die StZ exklusiv berichtete) einen renommierten Juristen gewonnen: Klaus Bepler, der bis Ende Mai 2012 Vorsitzender Richter am Bundesarbeitsgericht (BAG) war und maßgeblich zur Weiterentwicklung des Tarifrechts in Deutschland beigetragen hat. Unter seinem Vorsitz hat der Vierte Senat des BAG im Januar 2010 entschieden, den althergebrachten Grundsatz der Tarifeinheit („Ein Betrieb – ein Tarifvertrag“) aufzugeben. Bepler hat also den Spartengewerkschaften zu m seitherigen Aufschwung verholfen.

Ein Arbeitsrichter als Mediator

Dem Vernehmen nach hatte der Vorsitzende des Beamtenbundes (DBB), Klaus Dauderstädt, Grube dazu gebracht, Bepler einzubinden. Sein Kalkül: Der pensionierte Arbeitsrichter wird den Beamtenbund – Dachverband der GDL – als Gutachter vertreten, wenn vor dem Verfassungsgericht über die angedrohten Klagen gegen das Tarifeinheitsgesetz verhandelt wird. Bepler sieht früheren Aussagen zufolge keine Notwendigkeit für eine gesetzliche Regelung. Folglich musste GDL-Chef Claus Weselsky den neutralen Berater Bepler akzeptieren – sonst hätte er sich unglaubwürdig gemacht.

Ob Weselsky nun tatsächlich den Bahnverkehr bis nach Pfingsten mit Streiks blockiert, ist somit gar nicht mehr so sicher. Angekündigt hatte er, das Streikende 48 Stunden vorher bekannt zu geben. Sollte das „Rechtsgespräch“ erfolgversprechend verlaufen, müsste er ein Zeichen des Einlenkens geben und den Streik abbrechen.