Die Komödie im Marquardt spielt „Loriots Dramatische Werke“, die bis heute nichts von ihrem Witz verloren haben. Der Film hat es manchmal aber leichter als das Theater.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Manchmal sind die einfachen Fragen die schwersten. „Was ist ihre Lieblingsfarbe?“, will der Paartherapeut wissen. Weiß, sagt die Frau, Schaumolweiß. Er dagegen mag Grau, also „Grüngrau ins Bräunliche . . . so ein Braungrüngrau, das ins Bläuliche spielt.“ Das graue Ehepaar Blöhmann hat Fernsehgeschichte geschrieben, wie all die Blümels und Hoppenstedts, die Loriot in seinen Sketchen zum Leben erweckte. Auch wenn seine Figuren und Dialoge viel vom Lebensgefühl und dem Spießertum des Nachkriegsdeutschlands erzählen, sind sie bis heute so witzig, dass die Komödie im Marquardt einige von ihnen wieder hervorgeholt und auf die Bühne gebracht hat.

 

Loriots dramatische Werke“ ist ein kurzweiliger Querschnitt durch das Schaffen des Humoristen, der eigentlich Vicco von Bülow hieß. Da dürfen einige Klassiker nicht fehlen – wie der Männermachtkampf in der Badewanne („Die Ente bleibt draußen!“) oder die Szenen einer Ehe („Berta, das Ei ist hart“). Aber es wurden auch nicht gar so viel zitierte Sketche ausgewählt – etwa der vom Kunstpfeifer oder vom Mann, der eine Ente in der Tierhandlung kaufen will und dann doch mit einer toten Maus rauskommt.

Der Direktor will die Sekretärin auf die Sitzgruppe locken

Im fliegenden Wechsel und nach einem ausgetüftelten Ablaufplan schlüpfen die drei Schauspieler in verschiedene Rollen, schnappen sich Perücke oder Blumenvase, schieben nebenbei Tische und Stühle und rollen natürlich auch das legendäre Loriot-Sofa auf die Bühne, auf das der Herr Direktor seine Sekretärin nach einem Likörchen locken will – „Renate, lassen Sie uns zur Sitzgruppe gehen!“

Ob Magdalena Flade diese Renate spielt oder sich als Fernsehansagerin bei der Zusammenfassung der englischen Serie „Die Cousinen“ lispelnd verhaspelt, immer agiert sie mit feiner Zurückhaltung, was auch das Spiel von Evelyn Hamann und Loriot ausmachte. Sie agierten höchst sparsam, räusperten sich nur wie nebenbei und stellten ihre Sätze meist staubtrocken und fast fragend in den Raum, wodurch auch eine gewisse Tragik der Figuren anklang. Auch Marius Hubel gelingt es auf der Bühne, die Nöte des armen Erwin Lindemann zu vermitteln, der vor der Fernsehkamera erzählen soll, was er mit seinem Lotto-Gewinn machen will und sich hoffnungslos verheddert: „In 66 Jahren fahre ich nach Island und im Herbst eröffnet dann der Papst mit meiner Tochter eine Herrenboutique.“

Die Nudel an der Backe muss so groß sein, dass man sie noch in der letzten Reihe sieht

Der Film hat es leichter, wenn zum Beispiel dem Mann beim Liebesgeständnis plötzlich eine Nudel an der Backe klebt. Im Theater muss die Nudel so groß sein, dass sie noch in der letzten Reihe zu sehen ist. Die Regisseurin Catja Baumann hat auch sonst versucht, den Witz der Szenen deutlicher herauszustellen, und lässt vor allem Gideon Rapp wie beim Slapstick auf Schmierentheater setzen, was den Witz aber eher schmälert. Zum Schluss kommt bei einem Schlenker zu Loriots Filmkomödie „Ödipussi“ sogar ein Hauch von Revue auf beim Song fürs Firmenjubiläum „Meine Schwester heißt Polyester“. Wobei das Loblied auf den Kunststoff in Zeiten von Corona eine ganz neue Wendung bekommt – und die Schauspieler nicht miteinander, sondern mit großen Plexiglasscheiben tanzen.

Vorstellungen bis 22. November