Die Stiftung des Ditzinger Unternehmers Berthold Leibinger fördert seit Jahren das Thomas Mann House und die Villa Aurora in Los Angeles, wo Künstler wie Igor Levit als Fellows leben und lernen.

Volontäre: Julika Wolf (jwo)

Als er am Mittwochmorgen hörte, wo die Waldbrände bei Los Angeles wüten, dachte Markus Wener sich: „Ach du grüne Neune!“ Der Geschäftsführer der Berthold Leibinger Stiftung aus Ditzingen blickt nicht nur aus Interesse am Weltgeschehen auf Kalifornien. Die Stiftung des Trumpf-Gründers Leibinger fördert seit Jahren das Thomas Mann House und die Villa Aurora in Los Angeles, wo herausragende Persönlichkeiten und Künstler als Stipendiaten leben und arbeiten. Die Gebäude stehen im Stadtteil Pacific Palisades – genau dort, wo seit einigen Tagen verheerende Waldbrände besonders stark wüten.

 

Am Morgen hat er mit Jakob Scherer telefoniert, er ist geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Villa Aurora & Thomas Mann House e. V. (VATMH e. V.) und hat den direkten Draht nach Los Angeles. „Das Wichtigste ist: Alle Fellows und Mitarbeiter sind in Sicherheit“, sagt Markus Wener danach im Gespräch mit unserer Zeitung. „Wie es um die Gebäude steht, weiß man nach jetzigem Stand noch nicht.“ Gerade die Villa Aurora liege mitten im Epizentrum der Waldbrände. Da rechne man mit dem Schlimmsten. „Beim Thomas Mann House kommen wir vielleicht noch mit einem blauen Auge davon“, sagt er. Das könne man aber noch nicht sagen.

Los Angeles: Bangen um Thomas-Mann-Haus

Für die Historie der Gebäude wäre es katastrophal, wenn sie den Bränden zum Opfer fielen, sagt er. „Wir sind schon in einer Art Trauerstimmung“, sagt Wener. Noch will er die Hoffnung nicht aufgeben. „Es ist eher noch ein Bangen.“ Auch vor Ort ist man tief betroffen. „Die Bilder der Brände in Los Angeles erschüttern uns zutiefst“, schreibt VATMH e. V. auf seiner Webseite. „Wir können unsere Gefühle derzeit nicht in Worte fassen.“ Die Auswirkungen auf die Häuser würden wohl erst in den kommenden Tagen sichtbar.

Markus Wener, Geschäftsführer der Berthold Leibinger Stiftung, bangt um die Stiftungshäuser im Waldbrandgebiet. Foto: Hendrik Zwietasch

Thomas Mann House bei Los Angeles

Die Stiftung ist schon von Anfang an als Förderer der Häuser dabei gewesen, erzählt Markus Wener. Die Innenausrichtung hat sie mitgefördert, außerdem die vielen Fellowship-Programme. „Es ist einer unserer längsten Kooperationspartner, die wir seit Anbeginn begleiten“, sagt er. Entsprechend tief treffen ihn die Bilder aus Kalifornien.

In der Familie Leibinger habe Literatur immer eine große Rolle gespielt, sagt Wener. „Thomas Mann war sozusagen der Hausliterat.“ Als die Bundesrepublik Deutschland das Thomas Mann House erwarb und Förderer suchte, habe Berthold Leibinger als glühender Verehrer des Autors sich sofort bereit erklärt. „Literatur ist eines unserer Kernfördergebiete in der Kultur“, sagt er. Ein weiteres sei die Demokratie- und Völkerverständigung. „ Der transnationale Gedanke verbindet diese beiden Gebiete“, sagt Wener.


Igor Levit zu Gast in Los Angeles

Bis Dezember befand sich unter anderem der Pianist Igor Levit als Fellow im Thomas Mann House. Auch andere namhafte Stipendiaten haben schon Zeit dort verbracht, sagt Wener. Aus Baden-Württemberg sei etwa der Stuttgarter Informatiker und Direktor des Max Planck Institute for Intelligent Systems in Tübingen, Bernhard Schölkopf, schon zweimal dort gewesen. Nun hofft Wener, dass die Tradition so fortgeführt werden kann.

Ensemble in Pacific Palisades

Thomas Mann House
Das ehemalige Wohnhaus von Thomas Mann sieht sich als transatlantischen Debattenort, wo Forscher, Journalisten und Personen des öffentlichen Lebens politische, gesellschaftliche und kulturelle Gegenwarts- und Zukunftsfragen bearbeiten. Mann selbst wohnte mit seiner Frau Katia von 1942 bis 1952 dort.

Villa Aurora
Das Gebäude ist das ehemalige Exil-Wohnhaus von Lion und Marta Feuchtwanger. Seit 1995 dient die Villa als Künstlerresidenz und Ort internationaler Begegnungen. Jährlich vergibt der VATMH e. V. bis zu zwanzig Stipendien an Künstler in den Bereichen Bildende Kunst, Komposition, Film und Literatur für einen dreimonatigen Aufenthalt.