Die Comic-Welt bringt viele Talente hervor. Aufmerksamkeit zu finden, ist nicht leicht. Die Mainzer Newcomerin Lucie Langston hat es vom Fleck weg in die „New York Times“ geschafft. Beim kleinen Comic-Juju-Festival in Stuttgart kann man sie persönlich erleben.

Stuttgart - Es gibt Freundschaften, die zwischen dem Kühlen und dem Warmen schweben. Man kann nicht ganz sicher sein, ob ihre Zurückhaltung entspanntes Schweigen ist oder der Wunsch nach Abrücken, ob ihre Gesten der Umarmung Momente der Innigkeit sind oder die Vermeidung von Augenkontakt. Solch eine ambivalente Freundin ist die Natur auf den Bildern Lucie Langstons aus dem Naturschutzgebiet Mainzer Sand.

 

Eine neue Einsamkeit

Diese Gegend, ahnt man da, kann ein Raum heilender Einsamkeit sein, eine Gegenerfahrung zum Gewimmel der Städte. Aber Langston, die hier im Frühjahr 2020 Trost gefunden hat, ist zugleich auf das zurückverwiesen worden, wovor sie Trost suchte: eine neue Einsamkeit, die Isolation auf dem Höhepunkt der Corona-Vorsicht. Ihre Bilder zeigen Geborgenheit, durchzogen von Unsicherheit.

Zu sehen waren sie gerade in der Galerie Schacher, nun werden sie im Rahmen des kleinen Comic-Juju-Festivals im Fais Dodo ausgestellt. Dorthin kommt die derzeit in Mainz lebende Deutsch-Amerikanerin Langston am 20. September um 17 Uhr auch selbst, um ihre Arbeiten vorzustellen. Langston wird dann auch von einer Durchbruchsgeschichte erzählen können, wie es sie, vorsichtig gesagt, nicht oft gibt.

Gefühle in Corona-Zeiten

Die 35-Jährige studiert in Mainz Kommunikationsdesign. Zu der Zeit, als sie mit dem Tablet in der Hand den Mainzer Sand durchstreifte und ihre kühl-warmen Bilder direkt mit dem digitalen Stift auf den Bildschirm zeichnete, rief die „New York Times“ ihre Leser auf, für ein kollektives Tagebuch künstlerische Arbeiten einzusenden, die im Lockdown entstanden waren. Langston baute ihre Naturbilder zu einer kleinen Geschichte aus, mailte sie an die „Times“ – und die Zeitung druckte sie auf 16 Seiten. Auch ein Weltmeer entfernt funktionieren Langstons Bilder als Ausdruck von Gefühlen in Corona-Zeiten.

Ralf König, der am 17. September um 19.30 Uhr in der Stadtbibliothek am Mailänder Platz liest, kann Langston vielleicht die Zuversicht geben, dass Comics Lebenswerk und Lebensaufgabe werden können. Der Mann, der mit seinen schwulen Knollennasenmännchen wohl mehr zur Änderung des gesellschaftlichen Klimas beigetragen hat als manche Aufklärungskampagne, nennt seine Leseshow „40 Jahre Nasenmalerei“.

Infos zu den Terminen

Die Lesung von Lucie Langston findet am 20. September 2020 um 17 Uhr im Fais Dodo am Stuttgarter Rotebühlplatz statt.

Abgespeckt auf eine Kurzvariante, findet das Comic-Juju-Festival bis zum 20. September statt, mit einem Online-Workshop zum Zombie-Zeichnen, mit Ausstellungen sowie diversen Vorträgen im Fais Dodo. Das Programm findet man online hier. Eine Voranmeldung für die einzelnen Veranstaltungen ist zwingend.

Ralf König ist einer der bekanntesten Comiczeichner überhaupt, sein Liveauftritt am 17. September um 19.30 Uhr könnte die coronabedingt reduzierten Kapazitäten der Stadtbibliothek sprengen. Darum wird es hier einen Livestream geben.