Beim Märchenfest im Blühenden Barock dreht sich am vergangenen Wochenende alles um die Geschichte von Dornröschen.

Ludwigsburg - Wenn die dreizehnte Fee gewusst hätte, was sie verpasst, wäre sie vielleicht nicht so böse geworden und hätte sich einfach still und zufrieden eine Tiefkühlpizza in den heimischen Feenofen geschoben. Denn wenn es nach den Kindern geht, bekommen die zwölf eingeladenen Feen beim königlichen Taufbankett ein Menü aus Obst, Spaghetti, Margarinebrot und Pfefferminztee vorgesetzt. Von fettigem Wildschweinbraten oder schwerem Rotwein keine Spur – gesund muss es sein. Denn so ein Märchenfest ist schließlich nicht nur zum Märchenhören da: Ein bisschen etwas lernen sollten die kleinen Gäste natürlich auch.

 

Dass sie das taten, dürfte ihnen aber kaum aufgefallen sein. Denn die 14 Märchenpfad-Stationen auf Dornröschens Spuren im Blühenden Barock waren so liebevoll gestaltet, dass der pädagogische Nutzen charmant in den Hintergrund geriet. Am Wochenende bastelten, schnupperten, kämpften und küssten sich die Kinder durch das Märchen von der schlafenden Schönheit. Auch selbst schlafen war erlaubt, allerdings aus Rücksicht auf die wartenden Eltern nur 100 Sekunden lang.

Strahlende Kindergesichter als Preis

Dass da manch ein Prinz schon geküsst hat, bevor er sich überhaupt durch den Dornenwald kämpfen musste, war kein Problem, so lange hinterher alle 14 Rosen auf dem Laufzettel – eine für jede Station – rot markiert waren. Einen materiellen Preis gab es allerdings dafür nicht. „Viele Eltern fragen, was man für einen ausgefüllten Laufzettel bekommt“, erzählt Xenia Busam, Märchenerzählerin und die Organisatorin des Festes. „Da antworten wir immer: Schauen Sie doch mal das Gesicht ihres Kind an! Und dann verstehen sie.“ Busam will mit diesem Konzept „weg vom Konsum, hin zum Erleben“. Und es scheint aufzugehen. Trotz des wechselhaften Wetters strömten am Sonntag schon um Punkt elf Uhr die ersten Familien in den unteren Teil des Schlossgartens, an den ersten Stationen bildeten sich Menschentrauben.

Ganz zu Beginn konnte man dem Märchen von der Langschläferin Dornröschen lauschen. Antje Langnau war eine der sogenannten Märchenelfen, die nicht nur diese Station mit Leben füllten. Die 23-jährige Lehramtsstudentin las das Märchen nicht einfach vor, sondern sie erzählte es. Ohne einen Blick ins Buch zu werfen, schilderte sie lebhaft die Geschichte von der Taufe bis zum erlösenden Kuss. Sie war durch Xenia Busam vor vier Jahren auf die Idee gekommen, sich zur Märchenerzählerin ausbilden zu lassen. „Ich habe sie beim ersten Märchenfest erzählen gehört und fand das toll“, sagt Langnau. In eineinhalb Jahren ließ sie sich dann beibringen, wie man Märchen für kleine und große Zuhörer ansprechend verpackt.

Schmerzlose Stiche mit der Spindel

Noch mehr Märchenerzähler gab es im Märchendorf und abends für die Erwachsenen unterhalb der Emichsburg, die die Zuhörer in die Welt der Zauberer und Feen entführten. À propos Feen: die dreizehnte hatte ihren eigenen Stand, an dem sie mutigen Kindern mit einer Spindel in den Finger „stach“. „Vertraust du mir?“ fragte sie jeden Neuankömmling. „Dann schließ mal die Augen.“ Eine schnelle Bewegung mit der Spindel – und ein schmerzloser, roter Farbklecks auf dem Finger bewies den Eltern, dass hier ein kühnes Kind seine Stichprobe bestanden hat – und dass die Fee am Ende gar nicht so böse war.