Die aktuelle Wohnbaupolitik in Ludwigsburg liefert reichlich Zündstoff für die Planung auf der Industriebrache in der Weststadt. Einige Stadträte werfen der Verwaltung Hinhaltetaktik vor.

Ludwigsburg - Im aktuellen Streit um die Ausrichtung der Ludwigsburger Wohnbaupolitik nimmt das Projekt Baywa-Areal eine Sonderstellung ein. Seit acht Jahren wird nun schon über eine Bebauung der 1,7 Hektar großen Industriebrache in der Weststadt diskutiert, geschehen aber ist nichts. Stadträte aus den Reihen von CDU, Freien Wählern und SPD werfen der Stadt Verzögerungstaktik vor. Immer wieder lasse das Planungsamt das vom Grundstücksinhaber Strenger beauftragte Architektenteam des Büros KMB abblitzen. Karl Strenger selbst ist dagegen bemüht, nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen. Anfänglich sei die Stadt tatsächlich sehr zögerlich gewesen, aber jetzt gebe es einen Kompromiss, sagt er. „Wir gehen davon aus, dass wir bis zum Sommer ein fertiges Konzept haben.“

 

Privatinvestoren zweitrangig?

Der Gemeinderat will in seiner Sitzung am Mittwoch Grundsätze für die weitere Bautätigkeit in der Stadt beschließen. Dabei soll es auch um das Baywa-Areal an der Schönbeinstraße gehen. Seit die Firma Strenger das Gelände 2012 erworben hat, ist zwar klar, dass dort sowohl Gewerbebetriebe als auch Wohnhäuser entstehen sollen. Unklar war aber lange, in welchem Mischverhältnis das zu geschehen hat. „Es gibt dort viele Interessenskonflikte“, sagt Mike Geer vom Büro Kerker, Müller, Braunbeck (KMB). Mittlerweile wurden die Entwürfe auch schon zweimal sehr kontrovers im Gestaltungsbeirat diskutiert – jedes Mal sei man ohne konkrete Ergebnisse wieder auseinander gegangen. „Ich habe das Gefühl, dass die Stadt ihre eigenen Projekte bevorzugt und die von Privatinvestoren zweitrangig behandelt“, sagt der CDU-Stadtrat Reinhold Noz.

Inzwischen habe man sich auf ein Verhältnis von 40 Prozent Wohnen und 60 Prozent Gewerbe geeinigt, sagen sowohl Strenger als auch der Baubürgermeister Michael Ilk übereinstimmend. Trotzdem aber bleibt viel Spielraum für die konkrete Ausgestaltung. „Natürlich will der Investor dort keine Einfamilienhäuser, sondern möglichst mehrgeschossig bauen“, sagt Bürgermeister Ilk. „Dafür habe ich vollstes Verständnis, das Projekt muss sich ja rechnen.“ Nach Aussage von Strenger werden nun entlang der Schönbeinstraße Gebäude mit drei Stockwerken plus Dach gebaut. Etwas abseits davon sind zwei siebengeschossige Wohnhäuser vorgesehen. „Etwa 20 Prozent der Fläche muss man für die Erschließung abziehen“, sagt Strenger. Noch sei offen, ob dafür die Stadt oder das Immobilienunternehmen einstehen muss.

Preiswerter Wohnraum

Zwischen der Wohnbebauung und dem Gewerbe müsse ein Puffer entstehen, sagt Ilk. Er spricht von einem Streifen, in dem die Auflagen für ein eingeschränktes Gewerbegebiet gelten: „Es ist nicht einfach, das planerisch in den Griff zu kriegen.“ Vor allem der Lärmschutz müsse gewährleistet sein. Der Grundstückseigentümer spricht von einem „Mischgebiet“, in dem Wohnen und Arbeiten verschmelzen. „Wir haben dafür schon jetzt viele Anfragen von Freiberuflern“, sagt Strenger. Im übrigen werde augenblicklich über den richtigen Mix beim Gewerbe nachgedacht.

Die Absicht des Gemeinderats, eine Sollstärke für preisgünstiges Wohnen festzulegen, löste schon im Vorfeld viel Nervosität bei den Investoren aus. Die Entscheidung könnte sich auch auf die in den letzten zwei Wochen zustande gekommene Annäherung zwischen der Stadt und der Strenger-Gruppe auswirken. Je nachdem müssen dann bis zu 35 Prozent der geplanten Wohnungen auf dem Baywa-Areal im unteren Preissegment angesiedelt werden.

Baya-Areal und kein Ende

Vorgeschichte
Gemeinderat und Verwaltung beschäftigen sich seit 2007 mit der Zukunft auf dem einstigen Firmengelände der Baywa. Es gab von Anfang an so viele Kaufinteressenten wie Konzepte. Der Gemeinderat hat dabei wenig Konsequenz gezeigt: mal sollten dort nur Gewerbebetriebe, mal ausschließlich Wohnungen gebaut werden. Ein Gutachter empfahl reinen Wohnungsbau, aber die Verwaltung tat sich schwer mit einer Umwidmung.

Wende
Inzwischen haben sich die Räte darauf geeinigt, dass in der Weststadt möglichst viel Gewerbe erhalten bleiben soll. Womit die Probleme programmiert sind. Das Baywa-Areal grenzt auf der einen Seite an Wohnbebauung, auf der anderen an Gewerbe.