Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)
Herr Bischoff, warum haben Sie eigentlich einen Krimi und nicht einen Familienroman geschrieben?
Bischoff Das ist es doch fast.
Er hat aber das Krimi-Etikett.
Bischoff Es ist immer ein Wechselspiel zwischen dem, was man kreativ machen möchte, und dem, was man machen sollte. Zwei Bücher waren fertig, und mir war klar, dass ich diese Reihe jetzt abschließen will. Es hat sich zur Trilogie entwickelt. Meine Verlegerin hat mir nahegelegt, dass man als Krimiautor eher Serien schreibt. Ich mag eigentlich eher abgeschlossene Bücher. Obwohl ich die Wallander-Krimis auch gerne gelesen habe. Es ging dann eher darum, wie packe ich das Thema Familie in eine Form, die ins Krimigenre passt. Ich bin bei Grafit nun mal bei einem Krimiverlag.
Außerdem sind sie Glauser-Preisträger.
Bischoff Ja, wobei ich mich selber gar nicht als Krimiautor sehe. Wenn man mal schaut, wie ich angefangen habe, dann war mein erstes Buch ein Laufbuch. Ich würde mich aber dennoch auch nicht als Sportautor bezeichnen.
Funktioniert ein Krimi anders als ein Familienroman? Wird’s automatisch spannend?
Bischoff Nein, automatisch wird es nicht spannend. Man muss schon Arbeit und Handwerk reinstecken. Bei Kriminalromanen erwarten die Menschen ein gewisses Spannungselement, und dass es einen Wendungsreichtum zum Miträtseln gibt. Erfüllt man diese Erwartungshaltung nicht, beurteilen die Leser das Buch schlecht. Es kann Spaß machen, sich an solche Konventionen zu halten und zu versuchen, dem etwas Neues abzugewinnen. Man kann ja auch mit der Erwartungshaltung des Lesers spielen.
Lieb Das ist natürlich ganz anders als bei mir. Vor 30 Jahren hätte ich es vielleicht auch so gemacht. Aber jetzt suche ich gezielt nach alten Tatsachen-Geschichten – zum Beispiel aus den Zeitungen des 19. Jahrhunderts.
Herr Bischoff, würde es Sie reizen, Handlungen in der Vergangenheit anzusiedeln?
Bischoff Ja, ich habe ein paar Ideen für Geschichten, die in der Vergangenheit spielen. Mein Problem ist die fehlende Zeit. Ich bin ja berufstätig. Schon Kriminalromane sind rechercheintensiv. Das Gleiche gilt für historische Romane. Es gibt die Kulissenschieber, die moderne Figuren nur vor historische Kulissen setzen. Und dann gibt es die Akkuraten, wo nichts am Fließband entsteht. Ob ich jemals die Zeit dafür habe, wird man sehen. Wenn, dann bewege ich mich wohl in der jüngeren Vergangenheit. Ich finde die Zeit um die Entstehung der Zentralen Stelle gerade in Ludwigsburg sehr interessant und erzählerisch extrem vernachlässigt. Ich finde es kurios, dass es darüber keine Belletristik gibt.
Bringt der Krimi die Welt wieder ins Lot?
Bischoff Nicht ins Lot. Aber ein Buch bietet immer die Chance, etwas zu transportieren. Irgendjemand hat meine Bücher mal als Soziokrimi 2.0 beschrieben. So sehe ich das auch. Man muss nicht nur unterhalten, sondern auch eine Haltung reinbringen.
Frau Lieb, glauben Sie, dass bei der Verurteilung der Emilie alle Schuldigen ihre Strafe bekommen haben?
Lieb Nein. Das ist ja das Verrückte. Von wem das Kind ist und wer sie im Stich gelassen hat, wird nicht klar. Da ist nichts im Lot.