Auch Dornröschen muss sich trotz 100-jährigem Dauerschlaf mal verjüngen. Im Märchengarten gestaltet deshalb die Ausstattungsleiterin Kersten Paulsen die Märchenszene neu. Am Wochenende sind Prinz und Prinzessin wieder zu sehen.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Ludwigsburg - Keine Angst, die Zutaten bleiben: eine Prinzessin und ein Prinz, der sie wachküssen will und jede Menge Hofstaat, der von einem Moment auf den anderen ebenfalls durch den Fluch der bösen Fee in Dauerschlaf gefallen ist. Das wird auch so bleiben, wenn das Blühenden Barock samt Märchengarten zum Wochenende wieder öffnet und Dornröschen sich in der Emichsburg in neuem Gewand zeigt.

 

Noch schläft aber auch das neue Dornröschen tief und fest. Ab und zu zupft seine Neuschöpferin Kersten Paulsen an der Prinzessin herum, korrigiert den Faltenwurf ihres grünen Kleides oder knöpft noch einmal den Kragen, kontrolliert die Schühchen, damit sie nicht von den Puppenfüßen rutschen. Alles muss sitzen.

Aus Kinderschuhen werden Märchenschuhe

Die Möbel für das Prinzessinnenverlies hat Paulsen auf Flohmärkten, im Internet oder einfach per Intuition zusammengesucht. Ebenso die Kleider und die Schuhe, manchmal hat sie aber auch aus einem Kindersportschuh durch geniale Umverwandlung einen historischen Schuh gemacht. Oder aus einem schlichten Hut eine Kopfbedeckung für einen Prinzen. Da die extra für das Blühenden Barock gefertigten Märchenfiguren nur zwischen 1,20 und 1,40 Meter groß sind, tragen sie Kindergrößen. Den Rest zaubert Kersten Paulsen. Dazwischen setzt sie ganz eigene gestalterische Duftmarken. Die kleinen Mäuseszenerien etwa, die sie noch im Turm versteckt wird, sind als allerletztes dran.

Paulsen bringt viel Erfahrung mit nach Ludwigsburg. Seit 1990 arbeitet sie am Wilhelma-Theater Stuttgart und ist dort inzwischen für Ausstattung und Bühnenbild verantwortlich. 2007 hat die gebürtige Schleswig-Holsteinerin den Entwurfswettbewerb des Blühenden Barocks gewonnen und wenig später erst Hans Christian Andersens „Däumelinchen“ und danach noch Wilhelm Buschs „Max und Moritz und Bauer Mecke“ gestaltet. Dennoch steht für sie jetzt wieder eine ganz besondere Premiere an. Es entsteht ja gewissermaßen eine Inszenierung für die Ewigkeit. Die Vorgängerszene stammte immerhin noch aus den 60er Jahren und beeindruckte Generationen von Kindern, die ihren Sonntagsausflug in den Märchengarten machten. Die neugestaltet Szene soll mindestens so lange wie die Vorgängerin halten. Die Erwartungen sind also hoch – die der Besucher ebenso wie die der Macherin an sich selbst. Mit den Tagen wächst die Spannung.

Die Drehbühne erlebt einen Dauerbelastungstest

Vielleicht werden Paulsen und der Elektrotechniker Hartmut Ziegler ja am ersten Wochenende beide wie zufällig in der Emichsburg auftauchen und den Kindern beim Staunen zusehen. Ziegler wird dann schauen, ob sich die Drehbühne auch wirklich auf Knopfdruck dreht und ob die Scheinwerfer das Turminnere zum richtigen Zeitpunkt in die passende Atmosphäre versetzen. Denn was die Besucher durch die Berührung des messingfarbenen Schalters der Technik zumuten, kann schon als extremer Dauerbelastungstest durchgehen. An die 20000 Mal wird sich die Bühne pro Jahr drehen. Und dennoch muss sich alles der Faszination des Augenblicks unterordnen. Denn das ist doch der eigentlich spannende Moment. Der, in dem aus aufgeregten Kindern stille Staunende werden. Wenn der Funke überspringt. „Das ist das Schöne bei Märchen, der Zauber geht sofort auf die Kinder über“, sagt Paulsen.