Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)
Wie kann die Ludwigsburger Porzellanmanufaktur dann überleben?
Da gibt es mehrere Möglichkeiten. Die Stadt Ludwigsburg könnte sich zum Beispiel das Thema wieder zu eigen machen.
Die Stadt hat sich eigentlich aus Angst vor dem ständigen Defizit aus dem operativen Geschäft verabschiedet und hält zusammen mit dem Land Baden-Württemberg nur noch die Markenrechte. War das aus Ihrer Sicht eine schlechte Entscheidung?
Ja. Die Marke hat dadurch natürlich gelitten. Die ganz große Frage ist nun, will sich die Stadt Ludwigsburg zusammen mit dem Land ganz verabschieden. Ist die Marke Ludwigsburger Porzellan der Stadt etwas wert oder nicht? Wenn nicht, könnte man sie ruhen oder löschen lassen. Das ist besser, als irgendjemand produziert irgendetwas – womöglich noch ein schlechtes Ludwigsburger Porzellan –, das unter diesem Namen in Umlauf kommt.
Und wenn man das nicht will?
Eigentlich müsste die Stadt Ludwigsburg dann in den scheinbar sauren Apfel beißen und ihr Porzellan wieder selber produzieren. Aber in dem Wissen, dass sich Ludwigsburger Porzellan nicht selbst tragen kann, wenn man es ausschließlich historisch ausrichtet und nur auf das Schuppenmuster und das bunte Porzellan setzt. Die Stadt muss sich überlegen, ob sie die Manufaktur rekommunalisiert und dann aber auch konsequent zu Schauwerkstätten weiterentwickelt. Die kosten zwar immer noch Geld, bringen aber mehr Besucher in die Stadt oder ins Schloss. Außerdem könnte man weitere Kunsthandwerker im Schloss ansiedeln, die kein weiteres Geld kosten.
Sie wollen also Porzellan erlebbar machen?
Genau. Das macht Fürstenberg in Niedersachsen. Das kann man besuchen, da sieht man zu. Die Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin macht das auch. Da gibt es große Werksverkäufe. Es ist trotzdem defizitär, aber es trägt zum Erlebnischarakter der Stadt bei. Gleichzeitig erhält man so ein deutsches Kulturgut, das sonst nach den Insolvenzen verloren gehen würde. Man muss ja nicht gleich den Superbetrieb mit dem Drei-Millionen-Zuschussbedarf gründen. In Wolfsburg kommen durch die gläserne VW-Produktion so viele Besucher in die Stadt, dass die Stadt zur besseren Verkehrsanbindung sogar Straßen gebaut hat. Das Konzept heißt: die Attraktivität der Stadt erhöhen und Einnahmen abschöpfen. In Wolfsburg hält jetzt auch der ICE. Da spielen viele Dinge zusammen. Aber man muss es wollen. Das ist ein langfristiger Prozess, bei dem man erst mal zehn Jahre durchhalten muss. Man muss wissen, dass es Geld kostet und sagen: Wir machen es trotzdem – wie ein Theater, ein Museum und einen Zoo oder einen öffentlichen Park. Man muss es betrachten wie ein Kunsthandwerk, das ansonsten in Ludwigsburg verloren geht.